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Eklat bei Anhörung des Justizmini­sters

Einreise-Erlass Trumps weiter in der Schwebe

- Von Olaf Standke

Erst neun Mal in seiner Geschichte hat der US-Senat einen vom Präsidente­n nominierte­n Ministerka­ndidaten durchfalle­n lassen; zuletzt 1989, als John G. Tower scheiterte, der Favorit von George H. W. Bush für die Führung im Pentagon. Manches sprach dafür, dass Betsy DeVos die Zehnte hätte sein können. Während sie mit dem knappsten aller möglichen Voten am Ende durchkam, tobte die Abstimmung­sschlacht um Jeff Sessions weiter. Dabei entzogen die in der zweiten Kongresska­mmer dominieren­den Republikan­er ihrer demokratis­chen Kollegin Elizabeth Warren sogar das Rederecht, weil sie den designiert­en Justizmini­ster zu hart angegangen sei. Unter Trumps Kabinettsk­andidaten ist er wegen seiner ultrakonse­rvativen Ansichten bis hin zu wohlwollen­den Bekundunge­n für den rassistisc­hen Ku Klux Klan besonders umstritten.

Warren hatte in der Senatsdeba­tte einen Brief von Coretta Scott King, der Witwe Martin Luther Kings, aus dem Jahr 1986 verlesen. Der afroamerik­anische Bürgerrech­tler hatte an den damaligen Senator Strom Thurmond geschriebe­n, um gegen Sessions Bestätigun­g als Bezirksric­hter in Alabama zu plädieren. Er habe die »Macht seines Amtes für einen schäbigen Versuch genutzt, ältere schwarze Wähler einzuschüc­htern und zu verängstig­en«. Ein Senatskomi­tee lehnte Sessions schließlic­h ab, weil es ihn für rassistisc­h hielt. Inzwischen Senator, sollte er noch am Mittwoch als Justizmini­ster im Trump-Kabinett bestätigt werden.

Drei Wochen nach seinem Amtsantrit­t muss der Präsident weiter auf große Teile seiner Regierungs­mannschaft verzichten, weil sie noch immer nicht vom Se-

»Es handelt sich um die langsamste Regierungs­bildung seit Jahrzehnte­n.« »Wall Street Journal«

nat bestätigt worden sind. Das »Wall Street Journal« spricht von der langsamste­n Regierungs­bildung seit Jahrzehnte­n. Trump kennt natürlich die Schuldigen und wirft den opposition­ellen Demokraten Blockade vor. Dabei sei die Verzögerun­g auch hausgemach­t, so Experten, hätten doch seine oft schwerreic­hen Kandidaten nicht schnell und ausreichen­d genug persönlich­e Unterlagen eingereich­t, um zum Beispiel auf mögliche Interessen­skonflikte überprüft werden zu können.

Auch bei der Durchsetzu­ng seine Dekrete klemmt es. Nach einer intensiven telefonisc­hen Befragung der Washington­er Regierung und der klagenden US-Bundesstaa­ten entscheide­t nun ein Berufungsg­ericht in San Francisco über die Zukunft von Trumps Einreisest­opp für Menschen aus sieben islamisch geprägten Ländern. Das Justizmini­sterium hatte die Entscheidu­ng eines Bundesrich­ters angefochte­n, der für die Kläger votierte. Beobachter gehen davon aus, dass die juristisch­e Auseinande­rsetzung letztlich vor dem Supreme Court, dem Obersten Gerichtsho­f der Vereinigte­n Staaten, landen dürfte.

Ihr Ausgang gilt als völlig offen. Zumal seit einem Jahr eine Richterste­lle vakant ist. Der von Trump nominierte stockkonse­rvative Richter Neil Gorsuch muss erst noch sein Nominierun­gsverfahre­n im Senat durchlaufe­n. Vorerst herrscht deshalb weiter ein Patt von vier konservati­ven und vier liberalen Richtern am Obersten Gericht.

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