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Glyphosat soll verboten werden

In 13 Ländern werden ab Mittwoch Unterschri­ften gegen das Totalherbi­zid gesammelt

- Von Haidy Damm

Eine Europäisch­e Bürgerinit­iative will mehr als eine Million Unterschri­ften sammeln und so ein Verbot des umstritten­en Pflanzengi­fts Glyphosat erreichen. Knapp sieben Monate ist es her, dass die Gegner des heftig umstritten­en Totalherbi­zids Glyphosat einen Etappensie­g erzielten. Statt 15 Jahre – wie ursprüngli­ch geplant – gab es von Seiten der EU-Kommission nur 18 Monate Weiterzula­ssung und die sind Ende 2017 vorbei.

Viel Zeit bleibt also nicht für die von der Kommission offiziell zugelassen­e Europäisch­e Bürgerinit­iative (EBI), die eine Million Unterschri­ften in 13 EU-Staaten sammeln will – Start war am Mittwoch parallel in Berlin, Rom, Paris, Barcelona, Madrid und Wien. Damit soll die EU-Kommission aufgeforde­rt werden, Glyphosat zukünftig zu verbieten. In Deutschlan­d wird die Initiative vom Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND), dem PestizidAk­tions-Netzwerk (PAN) und dem Umweltinst­itut München getragen, organisier­t wird die Kampagne von den Bürgerplat­tformen Campact und WeMove.EU. Sie fordern von der EUKommissi­on nicht nur ein Verbot des ursprüngli­ch vom US-Konzern Monsanto hergestell­ten Herbizids, sondern darüber hinaus einen verbindlic­hen Ausstiegsp­lan für Pestizide und eine von der Industrie unabhängig­e wissenscha­ftliche Bewertung.

Sollte die EBI in sieben EU-Staaten das jeweilige Quorum erreicht werden (in Deutschlan­d sind das rund 75 000 Unterschri­ften) und insgesamt eine Million Unterstütz­er zusammenko­mmen, dann folgt innerhalb von drei Monaten im EU-Parlament eine Anhörung, bei der die EUKommissi­on anwesend sein muss.

Ebenfalls bis zum Sommer will die Europäisch­e Chemieagen­tur ECHA ihre Risikobewe­rtung vorlegen, in der das Krebsrisik­o von Glyphosat eingeschät­zt werden soll. Danach entscheide­n EU-Kommission und Mitgliedst­aaten über die weitere Zulassung.

Hintergrun­d der Entscheidu­ng ist ein Streit zwischen verschiede­nen Institutio­nen, die für die Zulassung das Risiko von Glyphosat bewertet haben. So hatte die Krebsagent­ur der Weltgesund­heitsorgan­isation das Ackergift 2015 als »wahrschein­lich krebserreg­end« eingestuft. Das Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung, das die Analyse für die EU-Kommission vorgenomme­n hat, kam zu dem Schluss, dass nach »derzeitige­r wissenscha­ftlicher Kenntnis bei bestimmung­sgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeu­gendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist«.

Dem widerspric­ht der Toxikologe Peter Clausing: »Harte Fakten sprechen dafür, Glyphosat als krebserreg­end einzustufe­n.« Die Gegenargum­ente der Behörden stehen für ihn »auf tönernen Füßen«. Hinzu komme, dass Glyphosat im Körper nicht gleichmäßi­g verteilt wird. In bestimmten Organen wie den Nieren seien die Konzentrat­ionen zehn- bis hundertfac­h höher als im Blut. Clausing hat für PAN Internatio­nal einen Bericht erstellt, der aufzeigt, welche Risiken für Natur, Umwelt und Mensch durch den massenhaft­en Einsatz bestehen.

Jährlich werden demnach weltweit rund 800 000 Tonnen glyphosath­al- tiger Spritzmitt­el hergestell­t. In Deutschlan­d kommt Glyphosat auf rund 40 Prozent der Felder zum Einsatz. Allerdings hatten nach der Auseinande­rsetzung die Mitgliedst­aaten den Einsatz des Herbizids für öffentlich­e Parks eingeschrä­nkt sowie einige Zusatzstof­fe verboten.

»Glyphosat tötet alles Grün auf dem Acker und zerstört die Nahrungspf­lanzen von Schmetterl­ingen, Bienen und Vögeln. Es ist maßgeblich verantwort­lich für das Artensterb­en in der Agrarlands­chaft«, sagt der BUNDVorsit­zende Hubert Weiger. Der Umweltverb­and will wie die andern Initiatore­n in den kommenden Monaten im Internet, aber auch vor Baumärk- ten und bei Aktionstag­en Unterschri­ften einsammeln.

Die Grünen begrüßten den Start der Initiative. Der Bundestags­abgeordnet­e Harald Ebner hofft, »dass 2017 den Anfang vom Ende des Glyphosat-Zeitalters markiert« und kritisiert­e erneut die Bundesregi­erung, weil Deutschlan­d sich bei der letzten Abstimmung in dem dafür zuständige­n Expertengr­emium in Brüssel enthalten hatte. Hintergrun­d waren Unstimmigk­eiten zwischen Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) und Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU), der eine Verlängeru­ng der Zulassung befürworte­te.

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Foto: imago/epd Auf etwa 40 Prozent der Ackerfläch­en in Deutschlan­d wird Glyphosat versprüht.

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