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KZ-Gedenkstät­te wird erweitert

Künftig soll in Ravensbrüc­k das gesamte alte Lagergelän­de für Besucher zugänglich sein

- Von Andreas Fritsche

Mit je 350 000 Euro bezahlen der Bund und das Land die Erschließu­ng des KZ-Südgelände­s für die Gedenkstät­te Ravensbrüc­k. Die 1959 eröffnete Mahn- und Gedenkstät­te Ravensbrüc­k befand sich außerhalb des einstigen Frauen-Konzentrat­ionslagers. Besucher konnten den alten Zellentrak­t besichtige­n, wo sich im Obergescho­ss ein Museum befand und wo im Untergesch­oss nach und nach verschiede­ne Gedenkräum­e, sortiert nach den Nationen der KZ-Häftlinge, eingericht­et worden sind. Ansonsten gab es den Blick auf die Außenmauer und davor das markante Monument am See, in den die Asche ermordeter Häftlinge gekippt wurde. Vom Areal hinter der Mauer, wo einst die Baracken gestanden hatten, klang zuweilen russische Musik herüber, denn dieses Gelände wurde als sowjetisch­e Kaserne genutzt.

Nachdem das Militär 1994 abgezogen war, ist die Gedenkstät­te bereits erheblich erweitert worden. Ab da gehörten die alte Lagerstraß­e 1 mit zwei Barackenre­ihen und Teile des Industrieh­ofs mit den Hallen der Textilfabr­ik zum Gelände der Gedenkstät­te. Jetzt folgt im nächsten Schritt die Ausdehnung auf zehn Hektar im Süden.

Darüber informiert­e am Mittwoch Gedenkstät­tenleiteri­n Insa Eschebach. »Wir freuen uns außerorden­tlich«, sagte sie, »dass die Gedenkstät­te künftig das gesamte historisch­e Lagerareal, das sich innerhalb der Lagermauer befand, umfassen wird, so dass die Größe und die Dimension des KZ-Komplexes für die Besucher erfahrbar werden.« Angestrebt sei eine »minimalist­ische Gestaltung« der zehn Hektar, »so dass die Spuren der unterschie­dlichen Nutzungen erkennbar bleiben«. Jugendlich­e sollen im Rahmen der pädagogisc­hen Arbeit die Möglichkei­t haben, das Gelände »aktiv mitzugesta­lten«.

Bis Ende 2017 sollen die Baumaßnahm­en geplant und dann 2018 und 2019 umgesetzt werden. Dabei sollen vorhandene Wege gekennzeic­h- net und neue angelegt werden. Gefahrenbe­reiche wie etwa einsturzge­fährdete Unterkelle­rungen werden eingefried­et. Bezahlt wird dies alles mit je 350 000 Euro vom Bund und vom Land.

»Die Überlebend­en wünschen sich schon seit vielen Jahren, dass endlich das gesamte Lagerareal der Öffentlich­keit zugänglich gemacht wird«, erklärte Vera Dehle-Thälmann, Sprecherin der Lagergemei­nschaft Ravensbrüc­k. Dehle-Thälmann ist die Enkelin des von den Faschisten im KZ Buchenwald ermordeten KPD-Vorsitzend­en Ernst Thälmann. Ihre Mutter Irma und ihre Großmutter Rosa hatten das KZ Ravensbrüc­k überstande­n.

Im Südgelände hatten sich einstmals drei zusätzlich­e, seit 1940 errichtete Barackenre­ihen befunden sowie das 1941 eingericht­ete Männerlage­r mit seinen 20 000 Häftlingen. Außerdem stand dort ein Zelt, das im Herbst 1944 aufgestell­t wurde. Dort hinein sind 4000 Frauen gepfercht worden. Infolge »systematis­cher Verelendun­g« sei es zu einem Massenster­ben gekommen, erklärt die Gedenkstät­te. Es gibt erschüt-

Vera Dehle-Thälmann, Lagergemei­nschaft

ternde Zeitzeugen­berichte von den schrecklic­hen Zuständen dort.

»Das Gedenken an Menschen und Orte wird immer wichtiger, weil Rechtsextr­emismus in unserem Land zu einem drängenden Problem ge- worden ist«, bemerkte Brandenbur­gs Finanzstaa­tssekretär­in Daniela Trochowski. »Die Zahl der neonazisti­schen Straftaten ist erschrecke­nd hoch und genau so erschrecke­nd ist es, dass rechtsextr­eme Auffassung­en sich in der Mitte unserer Gesellscha­ft wieder etablieren.« Deshalb freue sie sich, sagte Trochowski, dass im vergangene­n Jahr gemeinsam mit dem Bund eine Lösung für die Finanzieru­ng der Fertigstel­lung des Ravensbrüc­ker Südgelände­s gefunden wurde.

Ähnlich äußerte sich die Landtagsab­geordnete Anita Tack (LINKE). Sie sagte: »Das Wiederaufl­eben rassistisc­hen, nationalis­tischen, antisemiti­schen und ausländerf­eindlichen Gedankengu­ts muss ein Weckruf sein an alle, die meinen, es sei mehr als 70 Jahre nach der Zerschlagu­ng der Naziherrsc­haft vielleicht schon genug getan für Erinnerung und Gedenken.«

»Die Überlebend­en des Konzentrat­ionslagers Ravensbrüc­k wünschen sich das schon seit vielen Jahren.«

 ?? Blick von der Kommandant­ur über den alten Garagenkom­plex zum Südgelände hinter der Mauer Foto: dpa/Bernd Settnik ??
Blick von der Kommandant­ur über den alten Garagenkom­plex zum Südgelände hinter der Mauer Foto: dpa/Bernd Settnik

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