KZ-Gedenkstätte wird erweitert
Künftig soll in Ravensbrück das gesamte alte Lagergelände für Besucher zugänglich sein
Mit je 350 000 Euro bezahlen der Bund und das Land die Erschließung des KZ-Südgeländes für die Gedenkstätte Ravensbrück. Die 1959 eröffnete Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück befand sich außerhalb des einstigen Frauen-Konzentrationslagers. Besucher konnten den alten Zellentrakt besichtigen, wo sich im Obergeschoss ein Museum befand und wo im Untergeschoss nach und nach verschiedene Gedenkräume, sortiert nach den Nationen der KZ-Häftlinge, eingerichtet worden sind. Ansonsten gab es den Blick auf die Außenmauer und davor das markante Monument am See, in den die Asche ermordeter Häftlinge gekippt wurde. Vom Areal hinter der Mauer, wo einst die Baracken gestanden hatten, klang zuweilen russische Musik herüber, denn dieses Gelände wurde als sowjetische Kaserne genutzt.
Nachdem das Militär 1994 abgezogen war, ist die Gedenkstätte bereits erheblich erweitert worden. Ab da gehörten die alte Lagerstraße 1 mit zwei Barackenreihen und Teile des Industriehofs mit den Hallen der Textilfabrik zum Gelände der Gedenkstätte. Jetzt folgt im nächsten Schritt die Ausdehnung auf zehn Hektar im Süden.
Darüber informierte am Mittwoch Gedenkstättenleiterin Insa Eschebach. »Wir freuen uns außerordentlich«, sagte sie, »dass die Gedenkstätte künftig das gesamte historische Lagerareal, das sich innerhalb der Lagermauer befand, umfassen wird, so dass die Größe und die Dimension des KZ-Komplexes für die Besucher erfahrbar werden.« Angestrebt sei eine »minimalistische Gestaltung« der zehn Hektar, »so dass die Spuren der unterschiedlichen Nutzungen erkennbar bleiben«. Jugendliche sollen im Rahmen der pädagogischen Arbeit die Möglichkeit haben, das Gelände »aktiv mitzugestalten«.
Bis Ende 2017 sollen die Baumaßnahmen geplant und dann 2018 und 2019 umgesetzt werden. Dabei sollen vorhandene Wege gekennzeich- net und neue angelegt werden. Gefahrenbereiche wie etwa einsturzgefährdete Unterkellerungen werden eingefriedet. Bezahlt wird dies alles mit je 350 000 Euro vom Bund und vom Land.
»Die Überlebenden wünschen sich schon seit vielen Jahren, dass endlich das gesamte Lagerareal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird«, erklärte Vera Dehle-Thälmann, Sprecherin der Lagergemeinschaft Ravensbrück. Dehle-Thälmann ist die Enkelin des von den Faschisten im KZ Buchenwald ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann. Ihre Mutter Irma und ihre Großmutter Rosa hatten das KZ Ravensbrück überstanden.
Im Südgelände hatten sich einstmals drei zusätzliche, seit 1940 errichtete Barackenreihen befunden sowie das 1941 eingerichtete Männerlager mit seinen 20 000 Häftlingen. Außerdem stand dort ein Zelt, das im Herbst 1944 aufgestellt wurde. Dort hinein sind 4000 Frauen gepfercht worden. Infolge »systematischer Verelendung« sei es zu einem Massensterben gekommen, erklärt die Gedenkstätte. Es gibt erschüt-
Vera Dehle-Thälmann, Lagergemeinschaft
ternde Zeitzeugenberichte von den schrecklichen Zuständen dort.
»Das Gedenken an Menschen und Orte wird immer wichtiger, weil Rechtsextremismus in unserem Land zu einem drängenden Problem ge- worden ist«, bemerkte Brandenburgs Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski. »Die Zahl der neonazistischen Straftaten ist erschreckend hoch und genau so erschreckend ist es, dass rechtsextreme Auffassungen sich in der Mitte unserer Gesellschaft wieder etablieren.« Deshalb freue sie sich, sagte Trochowski, dass im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Bund eine Lösung für die Finanzierung der Fertigstellung des Ravensbrücker Südgeländes gefunden wurde.
Ähnlich äußerte sich die Landtagsabgeordnete Anita Tack (LINKE). Sie sagte: »Das Wiederaufleben rassistischen, nationalistischen, antisemitischen und ausländerfeindlichen Gedankenguts muss ein Weckruf sein an alle, die meinen, es sei mehr als 70 Jahre nach der Zerschlagung der Naziherrschaft vielleicht schon genug getan für Erinnerung und Gedenken.«
»Die Überlebenden des Konzentrationslagers Ravensbrück wünschen sich das schon seit vielen Jahren.«