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Schöne Erinnerung­en und böse Vorahnunge­n

Die Biathlonsa­ison wird von Doping überschatt­et. Auch bei der WM in Hochfilzen bleibt es ein Thema

- Von Oliver Kern

Fünf WM-Medaillen wollen die deutschen Biathleten in Hochfilzen sammeln. Die Konzentrat­ion auf den Sport fiel ihnen in dieser Saison jedoch schwerer als sonst. Es herrscht eine seltsame Stimmung vor dem Start der Biathlonwe­ltmeisters­chaften in Hochfilzen: Die Hoffnung auf Medaillen und die Angst vor dem Überthema Doping haben sich vermischt. Die Sportart expandiert­e über Jahrzehnte hinweg und produziert­e immer neue Stars für die internatio­nal wachsende Fangemeind­e. Doch in dieser Saison knirscht es gewaltig, seitdem klar ist, dass der Bericht des Dopingsond­erermittle­rs Richard McLaren gleich 31 verdächtig­e russische Biathleten auflistet. Der Weltverban­d IBU wirkte hilflos und zögerlich, was die Athleten auf die Palme brachte. Und Versuche, das Problem in die Zeit nach der Saison zu verschiebe­n oder sie schon vor der WM zu lösen, scheiterte­n.

Bei der siebten WM in Österreich werden elf Titel vergeben, der erste an diesem Donnerstag in der Mixed- Staffel. Für diesen Wettbewerb nominierte­n die deutschen Bundestrai­ner Vanessa Hinz, Laura Dahlmeier, Arnd Peiffer und Simon Schempp. Speziell auf Dahlmeier liegen die größten Hoffnungen des Deutschen Skiverband­s (DSV) auf Erfolge, schließlic­h reist sie als Weltcupfüh­rende an. Vier Siege feierte die 23jährige Partenkirc­henerin in dieser Saison schon. Und von den Titelkämpf­en im Vorjahr kam sie aus Oslo mit fünf Medaillen nach Hause.

Dahlmeier bleibt trotzdem bescheiden. »Ich will gerne wieder eine Medaille gewinnen«, sagt sie. Doch sei der Druck auf ihr mittlerwei­le größer geworden. Der will erst einmal bewältigt werden. Mit dem äußeren Druck scheinen aber auch die eigenen Ansprüche gewachsen zu sein, denn zu Sätzen wie »Ich versuche auf Sieg zu laufen«, hatte sich Dahlmeier zuvor selten hinreißen lassen. Mannschaft­skameradin Franziska Preuß fällt krankheits­bedingt aus, dafür rückt Ersatzläuf­erin Nadine Horchler ins Team, die am Freitag auch gleich einen Startplatz im Sprint sicher hat.

Frauen-Bundestrai­ner Gerald Hönig würde die Last gern verteilen und sieht gute Ansätze dafür. »Sicherlich setzt sich Laura etwas ab und spendet den anderen auch mal Schatten, wenn es nicht so läuft. Aber wir haben in dieser Saison eine kompakte Mannschaft­sleistung gezeigt, das haben auch die drei Staffelsie­ge deutlich gemacht«, so Hönig. Mit dem WM-Ort verbinden zudem auch andere Athletinne­n positive Erinnerung­en. Maren Hammerschm­idt lief hier vor einem Jahr erstmals in Einzelwett­kämpfen aufs Podest, und auch Franziska Hildebrand denkt gern an Hochfilzen zurück: »Das war der erste Weltcuport, an dem mir während eines Sprints die Trainer zuriefen: ›Franzi, du führst!‹. Und im letzten Jahr habe ich dort meinen ersten Weltcupsie­g gefeiert.«

Bei den Männern schauen wieder alle auf Dominator Martin Fourcade. Er gewann zehn von 15 Saisonrenn­en. Dennoch behauptet Simon Schempp: »Er ist in jedem Rennen zu schlagen. Es wird aber sehr schwer, weil er noch einen Tick besser ist als in den vergangene­n Jahren.« Mit Schempp beschäftig­t sich Fourcade derzeit kaum. Der Franzose ist in diesen unruhigen Monaten zum Sprachrohr jener Athletenme­hrheit gewor- den, die einen härteren Umgang mit Dopingsünd­ern fordert. Die Sportler sprechen sich unter anderem für AchtJahres-Sperren für EPO-Doper aus.

Ausgerechn­et vor wenigen Wochen lief nun die zweijährig­e Sperre des Russen Alexander Loginow ab. Der russische Verband RBU nominierte ihn nicht sofort für die WM. Er feierte ihn an seinem 25. Geburtstag auf Instagram auch gleich für all die Medaillen, die er bei Juniorenwe­ltmeisters­chaften und Europameis­terschafte­n schon errungen hatte. Fourcade kommentier­te dies mit den Worten: »Und er wurde zwei Jahre wegen EPO-Dopings gesperrt. Vergesst also nicht eine seiner prestigetr­ächtigsten Trophäen!« Der Kommentar wurde später wieder gelöscht.

Womöglich hätte sich auch Gerald Hönig eine dezentere Rückkehr Loginows gewünscht. Doch nun stellte er fest: »Sie haben kein Schuldgefü­hl. Ich glaube, die sind da relativ schmerzfre­i.« Männertrai­ner Mark Kirchner fügte hinzu: »Loginow hat seine Strafe abgesessen, von daher kann man nichts sagen. Aber ob das in der momentanen Situation clever ist, ist eine andere Frage.«

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Wieder dabei: Alexander Loginow am Mittwoch in Hochfilzen Foto: imago/ITAR-TASS

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