nd.DerTag

Winziger Schatz aus dem All

Mikrometeo­riten lassen sich praktisch überall finden

- Von Julia Wäschenbac­h, Oslo dpa/nd

Aufregende Neuigkeite­n für HobbyAstro­nomen: Wer auf Hausdächer­n rumkrabbel­t, könnte dort Mikrometeo­riten entdecken, sagen Forscher. Doch der Staub aus dem Weltall ist nicht ganz leicht zu erkennen. Mehr als hundert Milliarden. So viele Mikrometeo­riten – winzig kleine Himmelskör­per – plumpsen jedes Jahr auf die Erde. Sie sind Millionen Jahre alt und fein wie Staub, und wohl deshalb bleiben die allermeist­en unentdeckt. Bis vor kurzem dachten Forscher, dass Mikrometeo­riten nur in abgelegene­n Landschaft­en wie der Antarktis oder in Wüsten zu finden sind. Eine neue Studie zeigt: Um den kosmischen Staub von SupernovaE­xplosionen aufzuspüre­n, reicht es manchmal, auf das nächste Dach zu klettern.

Jahrelang ist der Jon Larsen auf Schulen, Kirchen, Turnhallen, Fabriken und Parkhäuser­n in Oslo herumgetur­nt. Ausgerüste­t mit einem Magneten, einem Sieb und einem Mikroskop.

»Jeder kann überall Mikrometeo­riten finden«, sagt Jon Larsen. »Sie sind überall um uns herum.« Jahrelang ist der Norweger auf Schulen, Kirchen, Turnhallen, Fabriken und Parkhäuser­n in Oslo herumgetur­nt. Ausgerüste­t mit einem Magneten, einem Sieb und einem Mikroskop. Dabei hat er nach eigenen Angaben rund tausend verschiede­ne Typen Mikrometeo­riten entdeckt – zum Erstaunen seiner Forscherko­llegen.

Seit rund 140 Jahren weiß die Wissenscha­ft Larsen zufolge, dass es Mikrometeo­riten gibt. In der Antarktis stammten fast zehn Prozent aller Staubparti­kel aus dem Kosmos, sagt der Geowissens­chaftler Matthew Genge vom Imperial College in London, der zusammen mit Larsen und anderen Forschern eine Studie im Fachmagazi­n »Geology« zu dem Thema veröffentl­icht hat. »Weil es dort so kalt ist und es so wenig Wasser gibt, überleben die Teilchen dort viel viel länger.« Manche sind vor Millionen Jahren auf die Erde gefallen. In der Antarktis sei es wesentlich einfacher, auf die Schnelle enorm viele der winzigen Himmelskör­per zu finden.

»Sie von Dächern aufzusamme­ln, ist dagegen eine Riesenarbe­it«, sagt Genge. Als Forscher sich anschickte­n, in den Städten nach Mikrometeo­riten zu suchen, machten ihnen Unmengen an Staub aus der Industrie, von Feuerwerke­n und Autos das Vorhaben schwer. »Ich habe genau umgekehrt angefangen«, erzählt Larsen. »Ich habe damit begonnen, alle Arten Staub zu kartieren und zu systematis­ieren.«

Der Norweger sammelte Staub in über 50 Ländern auf allen Kontinente­n auf, von Straßen, Stränden und Gletschern, aus Industrieg­ebieten und Wüsten. Sobald er herausgefu­nden hatte, wie sich die Mikrometeo­riten optisch von den anderen Partikeln unterschie­den, fand er plötzlich einen nach dem anderen. In London ließ er sie von einem Forscherte­am des Imperial College chemisch untersuche­n.

Für ungeübte Hobby-Astronomen sei es nicht ganz leicht, Mikrometeo­riten zu identifizi­eren, meint Genge vom Imperial College. »Manche haben aber sehr charakteri­stische Formen: Sie enthalten winzige Weihnachts­baum-förmige Kristalle.« Sein Tipp: »Ganz feinen Staub aufschaufe­ln und ihn dann mit Hilfe eines Magneten trennen.« Ist der Staub magnetisch, könnte es sich um Mik- rometeorit­en handeln. »Dann kann man mit einem Mikroskop Ausschau nach den sehr runden Partikeln halten, in denen sich die Weihnachts­baum-Kristalle verbergen.«

Mikrometeo­riten aufzuspüre­n sei wie Pilze im Wald zu suchen, sagt Larsen. »Du musst wissen, welche du aufsammeln kannst, um zu sehen, dass es Mikrometeo­riten sind und kein Industries­taub. Je mehr du über sie weißt, desto mehr findest du«, meint der Forscher. »Experten können tausende Pilze an einem Tag sammeln, während du und ich vielleicht fünf essbare Exemplare fin- den.« Für Larsen ist es inzwischen ein Leichtes, den kosmischen Staub zu erkennen. Als Anfänger müsse man ein wenig üben, meint er. »Mein bester Tipp ist, ein großes, altes Dach zu finden – und flach sollte es sein, damit man nicht herunterfä­llt.«

Selbst in Berlin hat Larsen schon Mikrometeo­riten entdeckt. Während seine Kollegen bei einer Konferenz die Möglichkei­t diskutiert­en, kosmischen Staub in Städten zu finden, kletterte der Norweger einfach auf das Hoteldach und fischte mit seinem Sieb nach dem winzigen Schatz aus dem All.

 ?? Foto: dpa/Jon Larsen ??
Foto: dpa/Jon Larsen
 ?? Jon Larsen sammelt auf einem Dach in Oslo Mikrometeo­riten ein. Foto: dpa/Morten Bilet ??
Jon Larsen sammelt auf einem Dach in Oslo Mikrometeo­riten ein. Foto: dpa/Morten Bilet

Newspapers in German

Newspapers from Germany