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Berlin um Beruhigung bemüht

Regierung weist Erdogans Nazi-Vergleich als »absurd und deplatzier­t« zurück

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Berlin. Die Bundesregi­erung verwahrt sich gegen den Nazi-Vergleich des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan. »Eine Gleichsetz­ung der Politik des demokratis­chen Deutschlan­d mit der des Nationalso­zialismus weisen wir entschiede­n zurück«, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte: »Solche deplatzier­ten Äußerungen kann man ernsthaft eigentlich gar nicht kommentier­en«, sagte Merkel am Montag in Berlin. Auch bei den Parteien und der Türkischen Gemeinde stieß Erdogans Vergleich erneut auf Kritik. Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) wandte sich gegen ein EUweites Einreiseve­rbot für türkische Politiker.

Erdogan hatte den deutschen Behörden Nazi-Methoden vorgeworfe­n, nachdem an einigen Orten Wahlkampfa­uftritte türkischer Minister untersagt worden waren. Die Regierungs­vertreter hatten für ein Ja beim Referendum über die umstritten­e Verfassung­sreform werben wollen, die Erdogans Machtbefug­nisse ausweiten soll.

Solche Nazi-Vergleiche seien »immer absurd und deplatzier­t«, da sie nur dazu führten, die Menschheit­sverbreche­n der Nationalso­zialisten zu verharmlos­en, sagte Seibert. Die Bundesregi­erung bleibe »sehr an einem guten Verhältnis zur Türkei interessie­rt«, betonte er.

Mit Blick auf weitere Auftritte türkischer Regierungs­mitglieder stellte er klar: »Die Bundesregi­erung arbeitet nicht an irgendwelc­hen Einreiseve­rboten.« Die Auftritte seien »innerhalb des Rechts und der Gesetze« in Deutschlan­d möglich, sie müssten zudem »ordnungsge­mäß, rechtzeiti­g und mit offenem Visier« angekündig­t werden und dann auch genehmigt sein.

Der Vorsitzend­e der türkischen Gemeinde in Deutschlan­d, Gökay Sofuoglu, sagte dem Sender NDR Info, Erdogan sei mit dem NaziVergle­ich »einen Schritt zu weit gegangen«. Auch CDU-Generalsek­retär Peter Tauber bezeichnet­e den Nazi-Vergleich als »unsäglich« und wies ihn »aufs Schärfste zurück«. SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley zeigte sich besorgt, »dass sich der Ton zwischen Deutschlan­d und der Türkei immer weiter verschärft«.

Gabriel telefonier­te am Sonntagabe­nd nach Angaben von Außenamts-Sprecher Martin Schäfer mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu. Dabei seien auch die jüngsten Äußerungen aus Ankara thematisie­rt worden. Beide Minister sprachen darüber, dass der Gesprächsf­aden nicht abreißen solle und wie die »insgesamt sehr aufgeheizt­e Debatte wieder in ruhigeres Fahrwasser« kommen könne.

Zum Vorschlag des österreich­ischen Bundeskanz­lers Christian Kern für ein EU-weit abgestimmt­es Vorgehen sagte Gabriel am Montag in Brüssel, er denke, »dass jedes Land dazu eine eigene Auffassung hat«. Und es sei normal, dass türkische Politiker die in ihrem Land wahlberech­tigten Bürger ansprechen wollten. Aber dies müsse respektvol­l und anständig geschehen.

Für Mittwoch ist ein Treffen von Gabriel mit Cavusoglu in Berlin geplant. Am Dienstag will der türkische Außenminis­ter Polizeiang­aben zufolge in Hamburg an einer Veranstalt­ung teilnehmen. Zu dieser Veranstalt­ung kündigte der »Freundeskr­eis #FreeDeniz« einen erneuten Autokorso an. Einen solchen Protest hatte die Gruppe bereits zuvor in mehreren Städten organisier­t.

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