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Heimlicher Notstand

Sicherheit­skräfte üben mit der Bundeswehr den Antiterror­einsatz

- Von René Heilig

Am heutigen Dienstag passiert’s: Die Terrororga­nisation »Kata ’aib Saif Alnabi« schlägt an mehreren Orten in Deutschlan­d zu. Gnadenlos. Die Bundeswehr muss ran – sagt das Übungsszen­ario von GETEX 2017. Es gab Attentate in England, Spanien und in den Niederland­en. Auch in Deutschlan­d herrscht Alarmstimm­ung. Die Polizei nimmt bekannte Gefährder fest, verstärkt die Streifen. Doch alle Anstrengun­g nützt nichts. Auf einem Bahnhof in Bayern explodiert eine erste Bombe. Zwanzig Menschen sterben. Aus Bremen wird eine Schießerei an einer Schule gemeldet, in einer weiteren geht ein Sprengsatz hoch. So wie auf dem Flughafen Düsseldorf. Bei der Durchsuchu­ng des Terminals wird eine Flugabwehr­rakete gefunden. Die Nachrichte­n überschlag­en sich, als in Bayern ein Linienbus entführt wird. Die Kidnapper fordern die Ausstrahlu­ng eines Videos und drohen mit Geiselersc­hießung.

So lautet – kurzgefass­t – das Übungsszen­ario von »Gemeinsame Terrorismu­sabwehr-Exercise« (GETEX). Sie startet am Dienstag, dauert zwei Tage und läuft siegreich, doch für die Bevölkerun­g unmerklich ab, denn: Es ist eine Kommandost­absübung. Man will testen, wie die jeweiligen Führungseb­enen zusammenwi­rken, ob die vorgegeben­en Einsatzplä­ne tragen und die Kommunikat­ion klappt. Das Besondere an GETEX: Erstmals ist die Bundeswehr in die Übung eingebunde­n. Rund 360 Soldaten sind beteiligt.

Dieses Zusammenwi­rken zwischen Sicherheit­skräften und dem Militär ist seit langem schon ein Herzenswun­sch vieler Verantwort­licher. Dumm für sie, dass die Verfassung der Bundeswehr im Innern nur wenig Spielraum lässt. Bislang wurden Soldaten vor allem bei Naturkatas­trophen wie Überschwem­mungen eingesetzt. Nur selten ließ man sich – so beim G-8-Gipfel 2007 in Heiligenda­mm – bei »Nebentätig­keiten« erwischen. Das Bundesverf­assungsger­icht hatte 2012 geurteilt, dass sich die Bundeswehr nur bei Anschlägen katastroph­alen Ausmaßes an der Terrorabwe­hr beteiligen dürfe.

Das Urteil ist offenbar bewusst etwas schwammig gehalten und so erinnert das Bundesinne­nministeri­um lieber an das Attentat auf dem Berliner Weihnachts­markt und betont erneut, dass Deutschlan­d »im Zielspektr­um des internatio­nalen Terrorismu­s« stehe. »Eine frühzeitig­e

Das Besondere an GETEX: Erstmals ist die Bundeswehr in die Übung eingebunde­n. Rund 360 Soldaten sind beteiligt.

und intensive Vorbereitu­ng der Sicherheit­sbehörden auf terroristi­sche Anschläge ist unverzicht­bar.«

Wer mag daran zweifeln? Und darauf sind die Polizeien der Länder wie die des Bundes auch vorbereite­t. Die Übung ist allenfalls ein Hinweis darauf, dass die Geheimdien­ste offenbar nicht effizient genug arbeiten, um vor solchen Anschlägen rechtzeiti­g zu warnen. Zudem ist die Übung lange vor dem Berliner Lastwagenü­berfall im Dezember geplant worden. Die Länder Baden-Württember­g, Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Schleswig-Holstein hatten ihre Teilnahme bereits im Sommer vergangene­n Jahres zugesagt. Damals bezog man sich auf den Amoklauf eines 18-Jährigen, der in einem Münchner Einkaufsze­ntrum neun Menschen erschossen hat. Als die Lage noch unklar war, entschied die Bundeswehr­führung nach Abspra-

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