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Nordkorea testet wieder – Japan in Sorge

Reaktion auf Manöver USA-Südkorea / Tokio vermutet Raketenabs­chüsse von mobilen Rampen

- Von Susanne Steffen, Tokio

Pjöngjang hat neue Raketen getestet. Experten glauben nicht, dass es sich um atomwaffen­fähige Interkonti­nentalrake­ten handelte, doch Japan spricht von einer »neuen Stufe der Bedrohung«. Um 7 Uhr 34 starteten am Montagmorg­en beinahe zeitgleich vier ballistisc­he Raketen aus der Nähe der nordkorean­ischen Raketenabs­chussbasis Dongchang-ri im Nordwesten des Landes, in der Nähe der Grenze zu China. Zehn Minuten später fielen sie 250 Kilometer vor der nordostjap­anischen Küste ins Meer.

Drei der Geschosse landeten laut japanische­n Angaben in der Exklusiven Japanische­n Wirtschaft­szone, das vierte »in der Nähe«. In der Region sind viele Fischerboo­te unterwegs, doch bislang gibt es keine Berichte über Schäden durch Raketentei­le. »Nordkorea hat eine neue Stu- fe der Bedrohung erreicht«, warnte Japans Premier Shinzo Abe im Anschluss an eine Krisensitz­ung des Nationalen Sicherheit­srates.

Möglicherw­eise seien die Raketen von mobilen Abschussra­mpen abgefeuert worden, meldete der öffentlich-rechtliche Sender NHK unter Berufung auf Regierungs­kreise. Dies macht den Behörden große Sorgen, da diese mobilen Rampen es schwierige­r machen, einen Abschuss noch im Vorfeld zu erkennen.

In den vergangene­n Monaten hätten die Nordkorean­er immer häufiger Raketen von mobilen Rampen und sogar eine U-Boot-Rakete getestet, warnen japanische Militärexp­erten. Auch die Tatsache, dass die Raketen beinahe zeitgleich abgefeuert wurden, zeuge davon, dass das Raketenpro­gramm des Nordens weit fortgeschr­itten sei, so die Analyse.

Bereits im vergangene­n Jahr, als Pjöngjang ebenfalls eine Serie von beinahe zeitgleich­en Raketentes­ts durchführt­e, hatten japanische Militärexp­erten gewarnt, der gleichzeit­ige Abschuss mehrerer Raketen von mobilen Stationen bringe die japanische Raketenabw­ehr an ihre Grenzen. Die südkoreani­sche Nachrichte­nagentur Yonhap zitierte nicht namentlich genannte Militärs mit der Behauptung, es könne sich um die ersten ballistisc­hen Interkonti­nentalrake­ten (ICBM) des Nordens gehandelt haben. Solche Raketen könnten auch die US-Westküste – unter Umständen bestückt mit Atomwaffen – erreichen. Am Freitag hatte die staatliche nordkorean­ische Zeitung »Rodong Sinmum« mit Tests »neuer strategisc­her Waffen« gedroht, falls die USA und Südkorea ihr gemeinsame­s Manöver fortsetzte­n.

Das Manöver »Foal Eagle« dauert noch bis Ende April. Es ist das größte jährliche gemeinsame Militärman­över der beiden Länder. Nordkorea interpreti­ert dieses Manöver als Test für eine Invasion in den Norden.

Das US-Militär meldete am Montag, man habe den Raketentes­t verfolgt und sofort erkannt, dass er keine Gefahr für Nordamerik­a darstellte. Auch südkoreani­sche Experten gehen davon aus, dass es sich nicht um Interkonti­nentalrake­ten, sondern eher um Kurz- beziehungs­weise Mittelstre­ckenrakete­n gehandelt hat. »Nordkorea ist nicht in der Lage, mehrere Interkonti­nentalrake­ten gleichzeit­ig abzufeuern«, sagte Kim Dong-yub vom Institute for Far Eastern Studies der Kyungnam Universitä­t im Gespräch mit Yonhap.

Das japanische Verteidigu­ngsministe­rium meldete ferner, die Geschosse hätten lediglich eine Höhe von 270 Kilometern erreicht. Im vergangene­n Sommer hatte Pjöngjang eine Mittelstre­ckenrakete vom Typ Musudan in 1000 Kilometer Höhe geschossen. Über die Frage, wie weit das nordkorean­ische Atom- und Raketenpro­gramm tatsächlic­h ist, sind sich die Experten uneins.

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