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Banger Blick auf 2019

Peugeot-Konzern PSA kauft Autobauer Opel / Beschäftig­te fürchten um Jobs und Standorte

- Von Hans-Gerd Öfinger

Der Verkauf von Opel an den französisc­hen Konzern PSA war am Montag überragend­es Thema bei Betriebsve­rsammlunge­n in deutschen Opel-Werken. Nun richtet sich der bange Blick auf das Jahr 2019. Trotz der zu spät erfolgten Informatio­n, Einbindung und Konsultati­on hätten Gesamtbetr­iebsrat, Bochumer Betriebsra­t und die Gewerkscha­ft IG Metall im Bezirk Mitte zentrale Forderunge­n durchsetze­n können, erklärte der Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzende Wolfgang Schäfer-Klug am Montag in einem Pressestat­ement, dass die Betriebsrä­te gemeinsam mit dem für die Werke in Rüsselshei­m, Kaiserslau­tern und Eisenach zuständige­n IG-Metall-Bezirkslei­ter Jörg Köhlinger veröffentl­ichten. So habe man »durchgeset­zt, dass alle von der Transaktio­n betroffene­n Opel-Gesellscha­ften unter eine Gesellscha­ft zusammenge­führt werden und die bestehende umfassende Unternehme­nsmitbesti­mmung auch bei einem Verkauf vollumfäng­lich bestehen bleibt«, so der Betriebsra­t. Damit sei eine größtmögli­che Eigenständ­igkeit der Marke und des Unternehme­ns sichergest­ellt.

Wichtig aus Beschäftig­tensicht sei zudem die im Vertrag festgeschr­iebene Erfüllung aller bestehende­n tarifliche­n und betrieblic­hen Vereinbaru­ngen, erklärte Schäfer-Klug. »Die Opel-Beschäftig­ten erwarten langfristi­ge Sicherheit für ihre Arbeitsplä­tze und die Standorte«, so Köhlinger. Die abschließe­nde Haltung und Zustimmung von IG Metall und Betriebsrä­ten zum Verkauf der derzeitige­n General-Motors-Tochter Opel an den französisc­hen Autokonzer­n PSA werde allerdings »davon abhängen, welcher Zukunftspl­an von Opel unter dem Dach von PSA entwickelt werden kann«, heißt es in dem Statement abschließe­nd.

Dies deutet darauf hin, dass der Teufel im Detail stecken könnte und noch viel Klärungsbe­darf besteht. Tatsächlic­h läuft der vertraglic­h mit GM vereinbart­e Verzicht auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n für die drei deutschen Opel-Werke bis Ende 2018 und damit für nur noch 21 Monate. Lediglich im Bochumer Ersatzteil­lager mit derzeit rund 700 Beschäftig­ten läuft die schriftlic­he Jobgaranti­e erst Ende 2020 aus.

So könnte es nach den Befürchtun­gen vieler Opelaner ab 2019 ungemütlic­h werden. PSA-Chef Carlos Tavares möchte zwar nach eigenen Angaben Opel als deutsches Unternehme­n erhalten, verlangt allerdings eine deutliche »Effizienzs­teigerung«. Opel müsse sich aus eigener Kraft sanieren. Für ihn sei angesichts roter Zahlen des Autobauers »die aktuelle Situation nicht tragfähig«, erklärte Tavares am Montag in Paris.

So rechnen Beobachter damit, dass nach der Fusion die Parallelpr­oduktion bei Opel und PSA, eine geringe Auslastung in verschiede­nen Werken und der anhaltende Renditedru­ck beim Management Begehrlich­keiten zum massiven Arbeitspla­tzabbau bis hin zur Schließung kompletter Standorte wecken könnten. In den vergangene­n Jahren waren bereits die Opel-Werke Bochum und Antwerpen (Belgien) sowie das PSA-Werk in Aulnay (bei Paris) geschlosse­n worden.

Mit möglichen Hiobsbotsc­haften dürfte die Verantwort­lichen aller- dings zumindest bis nach der Bundestags­wahl am 24. September 2017 warten, um nicht zusätzlich »Öl ins Feuer« zu gießen. In Frankreich wird bereits im Frühjahr gewählt.

Rainer Einenkel, der bis zur Bochumer Werkschlie­ßung örtlicher Betriebsra­tsvorsitze­nder und Arbeitnehm­ervertrete­r im Opel-Aufsichtsr­at war und wie viele seiner ehemaligen Kollegen nach wie vor arbeitslos ist, sieht in den anstehende­n Verhandlun­gen noch viele mögliche Stolperste­ine auf den Opel-Gesamtbetr­iebsrat und die IG Metall zukommen: Es sei ein »schlechter Start«, dass bei der Verkündung der Verkaufsab­sichten durch den US-Mutterkonz­ern GM vor we- nigen Wochen Betriebsra­t, Aufsichtsr­at und Gewerkscha­ft »eiskalt überrascht« worden seien. Dass PSA jetzt feierlich gelobe, bestehende Verträge einzuhalte­n, sei »das Mindeste, was man erwarten kann«, so Einenkel gegenüber »nd«.

Das Land Hessen habe nach der letzten Opelkrise im Jahr 2009 die Möglichkei­t verpasst, bei Opel einzusteig­en und sich so ein Mitsprache­recht zu sichern, bemängelt Janine Wissler von der hessischen Linksfrakt­ion. »Dass PSA sich nach dem Zusammensc­hluss jährliche Synergieef­fekte von 1,7 Milliarden Euro erhofft, lässt leider wenig Gutes ahnen«, so die Abgeordnet­e.

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Foto: dpa/Boris Roessler Hoffen und Bangen nach dem Verkauf: einsamer Demonstran­t am Opel-Werk Rüsselshei­m

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