nd.DerTag

Wertschöpf­ung für Afrika

- Martin Ling über die Grenzen des Ansatzes von Gerd Müller

Deutsch-afrikanisc­he Wirtschaft­skooperati­on kann so einfach sein: Vorne afrikanisc­he Früchte rein, hinten kommen bei der vollautoma­tischen Abfüllanla­ge eines deutschen Hersteller­s Tetrapacks mit leckeren Säften raus. So etwas gibt es wirklich, zum Beispiel beim erfolgreic­hen kenianisch­en Getränkehe­rsteller Kevian. Selbstvers­tändlich ein Vorzeigepr­ojekt für den deutschen Entwicklun­gsminister Gerd Müller, der wie einst in Kenia auch bei seiner Reise nach Burkina Faso, Côte d'Ivoire und Tunesien gerade wieder auf die Bedeutung von innerafrik­anischer Wertschöpf­ung mit deutscher Hilfe hingewiese­n hat. Durchaus mit Fug und Recht.

Müller zur Côte d'Ivoire: »Fairer Handel ist der Schlüssel für Entwicklun­g. Es kann doch nicht sein, dass die Kakao- und Kaffeebaue­rn von ihrer harten Arbeit nicht leben können und Kinder, statt in die Schule zu gehen, auf den Plantagen wie Sklaven schuften müssen. Mit höheren Standards und Löhnen schaffen wir mit der deutschen Entwicklun­gspolitik Perspektiv­en für die Menschen vor Ort. Wollen wir hier erfolgreic­h sein, brauchen wir auch mehr Weitervera­rbeitung im Land, die dafür nötige Ausbildung der Jugend und den konsequent­en Abbau von Handelsbar­rieren der EU. Das ist moderne Zukunftspo­litik mit Afrika.«

Das Problem ist, dass diese moderne Zukunftspo­litik Zukunftsmu­sik ist. Noch ist Afrika vor allem Rohstoffli­eferant und das, seit die Weltwirtsc­haftsordnu­ng in Kolonialze­iten festgezurr­t wurde. Dem Globalen Süden Raum für Wertschöpf­ungsketten zuzugesteh­en, was die Stufen vom Ausgangsma­terial bis zum Endprodukt beschreibt, wobei generell die Wertschöpf­ung mit dem Verarbeitu­ngsgrad steigt, ist eine Conditio sine qua non für nachholend­e Entwicklun­g. Die herrschend­en Verhältnis­se sprechen aber nicht dafür, dass sie mehr als die Ausnahme von der Regel bleibt – wie bei Kevian.

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