nd.DerTag

Anis Amri 20-mal in Fussilet-Moschee gesichtet

Islamisten­treff war häufiger Anlaufpunk­t des Attentäter­s vom Breitschei­dplatz

- Von Johanna Treblin

Nach dem Verbot des Moscheever­eins »Fussilet 33« überprüft die Polizei nun die Kontobeweg­ungen des Islamisten­treffs. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Fast genau ein Jahr lang wurde die Fussilet-Moschee in Moabit per Video überwacht. Am Tag, nachdem der bereits als sogenannte­r Gefährder eingestuft­e und unter Beobachtun­g stehende Anis Amri am 18. Februar 2016 beim Betreten der Moschee gesichtet worden war, wurde eine Kamera installier­t, die den Eingang zur Moschee beobachtet­e. Das berichtete Polizeiprä­sident Klaus Kandt am Montag im Innenaussc­huss des Berliner Abgeordnet­enhauses. Die Kamera diente demnach nicht der Observieru­ng der Moschee selbst, sondern als »unterstütz­ende technische Maßnahme zur Überwachun­g des Anis Amri«. Um auch andere Islamisten zu beobachten, blieb die Kameraüber­wachung bis zum 14. Februar dieses Jahres bestehen.

Thema des Innenaussc­husses war die Überwachun­g aus zwei Gründen: Zum einen wurde Anis Amri Monate später als jener Attentäter bekannt, der im Dezember 2016 am Berliner Breitschei­dplatz mit einem Lkw auf einen Weihnachts­markt fuhr und insgesamt zwölf Menschen tötete. Laut Kandt seien damals weitere 56 Personen verletzt worden. Zum anderen galt die Fussilet-Moschee schon lange als Islamisten­treffpunkt, ein Verbotsver­fahren war bereits im Jahr 2015 eingeleite­t wor- den, lag dann wegen Krankheit des damit befassten Beamten auf Eis und wurde im vergangene­n Jahr wieder aufgegriff­en. Am 28. Februar wurden das Verbot vollstreck­t und die Räume des Trägervere­ins »Fussilet 33« durchsucht. Begründet wurde das Verbot damit, dass im Verein Spenden für terroristi­sche Gruppierun­gen gesammelt worden seien. Auch sollen in der Moschee Kämpfer für den bewaffnete­n Jihad in Syrien und Irak rekrutiert worden sein. Das Verbot untersagt auch die Bildung von Ersatz- oder Nachfolgeo­rganisatio­nen etwa im Form neuer Moscheever­ein.

Der Verein »Fussilet 33« war dem Verbot bereits zuvorgekom­men. Eine Woche vorher hatte er die Moschee endgültig geschlosse­n. Er soll sich mit dem Vermieter auf eine Auflösung des Mietvertra­gs geeinigt haben.

Noch in der Nacht vor dem Anschlag war Anis Amri beim Betreten der Moschee gesichtet worden. Nun gab Polizeiprä­sident Kandt im Innenaussc­huss genauere Zahlen zur Auswertung der polizeilic­hen Beobachtun­gen ab Beginn der Kameraüber- wachung bekannt: Demnach war Amri vom 19. Februar bis Ende Juni zwanzigmal beim Betreten oder Verlassen der Fussilet-Moschee von der Kamera aufgenomme­n worden.

Zwar blieb die Videoüberw­achung der Moschee bestehen, um rund weitere zwölf Gefährder zu beobachten, wie Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) bestätigte. Doch die Observatio­n Amris wurde im Juni 2016 abgebroche­n, weil – wie Geisel bereits in der Ausschusss­itzung am 13. Februar erklärt hatte – die Observatio­n keinen Hinweis darauf gegeben hatte, dass Amri einen Anschlag plane. Aus Ressourcen­gründen sei daher die Observatio­n beendet worden. Sein Telefon wurde weiter überwacht, doch auch dabei seien keine Hinweise auf Anschlagsp­läne bekannt geworden.

Der Trägervere­in habe ein Konto bei einer Bank in Hamburg, berichtete Geisel am Montag. Von dieser seien zunächst dessen Kontobeweg­ungen der vergangene­n sechs Monate angeforder­t worden. Die Ergebnisse lägen allerdings noch nicht vor.

Zu Anstiftern oder Mittätern Amris gebe es »keine neuen Erkenntnis­se«, sagte Geisel am Montag. Zur Frage, ob Amri von anderen Besuchern der Fussilet-Moschee zu seiner Tat vom Dezember angestifte­t worden war, sagte er: »Bisher bestätigen unsere Erkenntnis­se dies nicht.« Geisel erinnerte aber auch daran, dass die laufenden Ermittlung­en vom Bundeskrim­inalamt geführt würden und Berlin daher nicht alle Informatio­nen vorlägen.

Vorwürfe, dass die Einsätze rund um die Rigaer Straße in Friedrichs- hain Personal gebunden hätten, das bei der Terrorbekä­mpfung und der Observieru­ng von Islamisten gefehlt habe, wies Kandt am Montag zurück. Dort seien ganz andere Einheiten im Einsatz gewesen. Die Beamten der Observieru­ngseinheit­en seien diesen fest zugeteilt.

»Die Kamera vor der Fussilet-Moschee war eine unterstütz­ende technische Maßnahme zur Überwachun­g des Anis Amri.« Innensenat­or Andreas Geisel

Newspapers in German

Newspapers from Germany