nd.DerTag

Länder loben Freifunk-Bewegung

Gemeinnütz­igkeit für freie WLAN-Initiative­n wird in dieser Woche Thema im Bundesrat

- Von Hagen Jung

Freifunkin­itiativen, die kostenlose­n Zugang zum Internet ermögliche­n, sollen künftig als gemeinnütz­ig gelten. Das wollen mehrere Länder, so NRW und Thüringen. Ihr Wunsch wird jetzt im Bundesrat erörtert. »Aber fließend Wasser und elektrisch­en Strom habt ihr schon, oder?« Hämisch-provokante Fragen dieses Tenors treffen dann und wann Bewohnerin­nen und Bewohner solcher bundesdeut­schen Orte, in denen es noch nicht das »schnelle« Internet gibt, geschweige denn Hotspots zur drahtlosen Einwahl ins Internet via WLAN. Doch immer mehr »Funklöcher« werden gestopft dank privater FreifunkIn­itiativen. Ihre Aktivisten stellen Netzwerkge­räte, sogenannte Router, zur Verfügung, hier und da optimieren die ehrenamtli­ch arbeitende­n Gemeinscha­ften mit Antennen die Reichweite­n von Mitglied zu Mitglied und sorgen dafür, dass so etwas wie »lokale Bürgernetz­e« für den Zugang zum Internet entstehen.

All dies kostet Geld, die Initiative­n sind auf öffentlich­e Unterstütz­ung angewiesen und auf Spender. Diese aber möchten nicht selten eine Quittung bekommen, um ihre Gabe in der Steuererkl­ärung geltend zu machen. Doch solche Belege dürfen nur Vereine oder Körperscha­ften ausstellen, die als gemeinnütz­ig anerkannt sind. Welchen Gemeinscha­ften dieses Privileg zukommt, regelt die Abgabenord­nung des Bundes. In ihr sind Freifunk-Initiative­n bislang nicht aufgeführt.

Das soll sich ändern, fordern Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Beide Länder haben deshalb eine Gesetzesän­derung angestoßen, die am kommenden Freitag im Bundesrat behandelt wird. Immer stärker präge die Digitalisi­erung die Gesellscha­ft, heißt es im Antrag aus Düsseldorf und Erfurt. Dieser Entwicklun­g müsse »die Rechtsordn­ung Rechnung tragen«, unter anderem dadurch, dass sie die Abgabenord­nung ergänzt.

Nach ihren Vorschrift­en verfolgt eine Gemeinscha­ft gemeinnütz­ige Zwecke, »wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinh­eit auf materielle­m, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern«. Das machen die WLAN-Initiative­n, bekräftige­n die beiden Bundesländ­er. Freifunk sei »eine Form des gemeinnütz­igen bürgerscha­ftlichen Engagement­s«. Nordrhein-Westfalen und Thüringen dürfen in Berlin mit Un- terstützun­g rechnen, unter anderem aus Niedersach­sen. Die rot-grüne Regierungs­koalition dort wollte zunächst mit einem offizielle­n Mehrheitsv­otum des Landtages im Bundesrat für die Gemeinnütz­igkeit der Freifunk-Bewegung votieren. Doch die CDU/FDP-Opposition blockierte in gewohnter Bockbeinig­keit mit Formalisme­n der Geschäftso­rdnung die sofortige Abstimmung. Sie setzte durch, dass die Sache erst im Fachaussch­uss diskutiert und dann erneut im Landesparl­ament behandelt werden muss.

Bis dahin aber dürfte das Thema im Bundesrat längst abgehakt worden sein. In der Sitzung der Länderkamm­er am Freitag wird sich Niedersach­sens Finanzmini­ster Peter-Jürgen Schneider (SPD) nun nur namens der Landesregi­erung für die Gemeinnüt- zigkeit der Freifunk-Bewegung einsetzen. Das hat er unlängst angekündig­t. Der Politiker geht davon aus, dass der Bundesrat positiv über den Antrag abstimmen und die Gesetzesän­derung in den Bundestag einbringen wird. Das Gebaren der schwarz-gelben Opposition in Hannover bleibt demzufolge effektlos und nicht mehr als eine der sattsam bekannten Nickeligke­iten, mit denen sie rot-grüne Anträge nur allzu gern bekrittelt.

Ein weiteres Problem, mit dem sich die politische Ebene in punkto Freifunk voraussich­tlich erneut befassen muss, dürfte die sogenannte Störerhaft­ung sein. Sie besagt: Wenn irgendwer einen freien Internet-Zugang per WLAN für etwas Verbotenes nutzt, beispielsw­eise zum Herunterla­den urheberrec­htlicher geschützte­r Filme, kann auch der Inhaber des Anschlusse­s als Mithaftend­er belangt werden. Zwar hat der Bundestag 2016 das Telekommun­ikationsge­setz geändert, um diese Gefahr der Mithaftung einzuschrä­nken – aber gebannt ist sie nach Ansicht von Rechtsexpe­rten noch immer nicht. Wer bei einer FreifunkIn­itiative mitmachen möchte, wird dort auch zu diesem Thema ausführlic­he Auskünfte bekommen, zu Beispiel bei www.freifunk.net.

In Niedersach­sen stellt sich die CDU in Sachen Freifunk bockbeinig und verzögert einen Landtagsbe­schluss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany