Ein Stückchen nach rechts gerückt
Premierminister Ruttes Rechtsliberale werden stärkste Kraft, müssen sich aber neue Koalitionspartner suchen
Der Triumph von Geert Wilders blieb aus. Dennoch sind die Ergebnisse der Wahlen nicht so beruhigend, wie es aussieht. Zwar gewannen die Grünen stark hinzu, doch das linke Lager insgesamt verlor. Nach Trump und Brexit blieb der große Siegeszug für die Rechtspopulisten bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden am Mittwoch aus. Die rechtsliberale Regierungspartei von Ministerpräsident Mark Rutte büßte zwar Sitze ein, bleibt aber dennoch klar die stärkste Kraft. Die Freiheitspartei des Islamfeindes Geert Wilders landet mit großem Abstand auf dem zweiten Platz, obwohl sie im Vergleich zu den letzten Wahlen 2012 Sitze dazugewann.
Das Interesse ausländischer Medien war riesig. Alle Augen waren dabei vor allem auf einen Mann gerichtet: Geert Wilders. Der Rechtspopulist war ungeachtet seiner Verurteilung wegen der Diskriminierung von Marokkanern mit seiner PVV monatelang die stärkste Kraft in den Umfragen gewesen. Nachdem Rutte von der VVD jegliche Zusammenarbeit mit der PVV ausgeschlossen hatte, mussten die Rechtspopulisten in den letzten Erhebungen zwar Sitze einbüßen, spannend blieb es aber dennoch.
Zumindest in den Niederlanden blieb die Angst vor dem Rechtspopulismus in Europa unbegründet. Die PVV gewann fünf Sitze dazu und ist nun mit 20 der 150 Mandate die zweitgrößte Partei in der zweiten Kammer, die rechtsliberale VVD von Mark Rutte ist mit 33 Sitzen aber klar die stärkste Kraft, auch wenn die Partei im Vergleich zu den letzten Wahlen acht Sitze verloren hat.
Als Spitzenkandidat der größten Partei darf Mark Rutte sich auf eine weitere Amtszeit als Premierminister freuen. Dabei wird er sich aber neue Regierungspartner suchen müssen. Sein bisheriger Koalitionspartner, die sozialdemokratische Ar- beiterpartei PvdA, stürzte regelrecht ab. Dass viele ihrer Stammwähler von Anfang an gegen eine Koalition mit den Rechtsliberalen waren, war bekannt. Eine derartige Niederlage hatten aber wohl die wenigsten erwartet: Die Arbeiterpartei taumelt und kommt nur noch auf neun Sitze, 2012 waren es noch 38 Sitze gewesen. Das ist das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Sozialdemokraten.
Das beste Ergebnis ihrer Parteigeschichte hingegen kann GroenLinks feiern. Die grüne Partei, im Jahr 1990 durch die Fusion von vier Parteien, darunter die kommunistische CPN, entstanden, ist die große Siegerin der Parlamentswahlen. Unter der Führung ihres 30-jährigen Spitzenkandidaten Jesse Klaver konnte GroenLinks die Anzahl der Sitze von vier auf 14 beinahe vervierfachen. Ebenfalls zugelegt hat die proeuropäische sozialliberale D66. Sie gewann im Vergleich zur Wahl 2012 sieben Sitze und hat nun 19 Sitze im Parlament. Genau so viel wie die christlich-demokratische CDA, die sechs Sitze dazu gewann.
Mit wem also wird Rutte weiterregieren? Die PVV von Geert Wilders wird jedenfalls in der Opposition bleiben. Keine der anderen Parteien will mit der islamfeindlichen Partei zusammenarbeiten. Fest steht außerdem, dass für eine stabile Regierung, die sich im Idealfall auf eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat stützt, mindestens vier Parteien eine Koalition bilden müssen. Die niederländische Parteienlandschaft ist aber dermaßen fragmentiert, dass dies eine große Herausforderung werden dürfte.
Einstweilen kämen als Regierungsparteien neben der VVD die CDA und D66 in Frage. Wer aber noch? Die Sozialisten von der SP mit Spitzenkandidat Emile Roemer, die mit leichten Verlusten mit 14 Sitzen ins Parlament einziehen, haben eine Zusammenarbeit mit der VVD ausgeschlossen. Und der radikal grüne Kurs des Wahlsiegers GroenLinks passt weder der VVD noch der CDA, da er Steuererhöhungen und Umverteilungen zur Folge haben würde. Auf lange Verhandlungen und eine knifflige Koalitionsbildung hatte man sich in Den Haag schon im Vorfeld eingestellt.
Während die internationale Presse ihre Sachen packt und nach Hause fährt, bleiben die Niederländer mit einem Wahlergebnis zurück, das bei näherem Hinsehen weit weniger beruhigend aussieht, als man meinen könnte. Beide Regierungsparteien büßen massiv ein, zusammen erleiden VVD und PvdA einen Verlust von 37 Mandaten – trotz eines wirtschaftlichen Aufschwungs.
Die rechtspopulistische PVV wurde zwar nicht so groß wie erwartet, ihre Themen wurden aber durch andere Parteien in einer milderen Variante aufgegriffen. So präsentierte Rutte die VVD seit einiger Zeit als PVV-light. Er forderte etwa Migranten dazu auf, sich »normal« zu benehmen oder zu gehen. Sybrand Buma, Spitzenkandidat der CDA, forderte, dass in den Schulen wieder die niederländische Nationalhymne gesungen werden sollte, und die neu gegründete antieuropäische Partei Forum für Demokratie von Thierry Baudet schaffte mit zwei Sitzen den Einzug ins Parlament.
Insgesamt haben die linken Parteien starke Verluste erlitten. Die linksprogressive Regierung, die Jesse Klaver vorschwebt, wird ein Traum bleiben. Die Niederlande sind seit Donnerstag wieder ein Stückchen nach rechts gerutscht.