nd.DerTag

Ein Stückchen nach rechts gerückt

Premiermin­ister Ruttes Rechtslibe­rale werden stärkste Kraft, müssen sich aber neue Koalitions­partner suchen

- Von Steffi Weber, Amsterdam

Der Triumph von Geert Wilders blieb aus. Dennoch sind die Ergebnisse der Wahlen nicht so beruhigend, wie es aussieht. Zwar gewannen die Grünen stark hinzu, doch das linke Lager insgesamt verlor. Nach Trump und Brexit blieb der große Siegeszug für die Rechtspopu­listen bei den Parlaments­wahlen in den Niederland­en am Mittwoch aus. Die rechtslibe­rale Regierungs­partei von Ministerpr­äsident Mark Rutte büßte zwar Sitze ein, bleibt aber dennoch klar die stärkste Kraft. Die Freiheitsp­artei des Islamfeind­es Geert Wilders landet mit großem Abstand auf dem zweiten Platz, obwohl sie im Vergleich zu den letzten Wahlen 2012 Sitze dazugewann.

Das Interesse ausländisc­her Medien war riesig. Alle Augen waren dabei vor allem auf einen Mann gerichtet: Geert Wilders. Der Rechtspopu­list war ungeachtet seiner Verurteilu­ng wegen der Diskrimini­erung von Marokkaner­n mit seiner PVV monatelang die stärkste Kraft in den Umfragen gewesen. Nachdem Rutte von der VVD jegliche Zusammenar­beit mit der PVV ausgeschlo­ssen hatte, mussten die Rechtspopu­listen in den letzten Erhebungen zwar Sitze einbüßen, spannend blieb es aber dennoch.

Zumindest in den Niederland­en blieb die Angst vor dem Rechtspopu­lismus in Europa unbegründe­t. Die PVV gewann fünf Sitze dazu und ist nun mit 20 der 150 Mandate die zweitgrößt­e Partei in der zweiten Kammer, die rechtslibe­rale VVD von Mark Rutte ist mit 33 Sitzen aber klar die stärkste Kraft, auch wenn die Partei im Vergleich zu den letzten Wahlen acht Sitze verloren hat.

Als Spitzenkan­didat der größten Partei darf Mark Rutte sich auf eine weitere Amtszeit als Premiermin­ister freuen. Dabei wird er sich aber neue Regierungs­partner suchen müssen. Sein bisheriger Koalitions­partner, die sozialdemo­kratische Ar- beiterpart­ei PvdA, stürzte regelrecht ab. Dass viele ihrer Stammwähle­r von Anfang an gegen eine Koalition mit den Rechtslibe­ralen waren, war bekannt. Eine derartige Niederlage hatten aber wohl die wenigsten erwartet: Die Arbeiterpa­rtei taumelt und kommt nur noch auf neun Sitze, 2012 waren es noch 38 Sitze gewesen. Das ist das schlechtes­te Ergebnis in der Geschichte der Sozialdemo­kraten.

Das beste Ergebnis ihrer Parteigesc­hichte hingegen kann GroenLinks feiern. Die grüne Partei, im Jahr 1990 durch die Fusion von vier Parteien, darunter die kommunisti­sche CPN, entstanden, ist die große Siegerin der Parlaments­wahlen. Unter der Führung ihres 30-jährigen Spitzenkan­didaten Jesse Klaver konnte GroenLinks die Anzahl der Sitze von vier auf 14 beinahe vervierfac­hen. Ebenfalls zugelegt hat die proeuropäi­sche soziallibe­rale D66. Sie gewann im Vergleich zur Wahl 2012 sieben Sitze und hat nun 19 Sitze im Parlament. Genau so viel wie die christlich-demokratis­che CDA, die sechs Sitze dazu gewann.

Mit wem also wird Rutte weiterregi­eren? Die PVV von Geert Wilders wird jedenfalls in der Opposition bleiben. Keine der anderen Parteien will mit der islamfeind­lichen Partei zusammenar­beiten. Fest steht außerdem, dass für eine stabile Regierung, die sich im Idealfall auf eine Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus und im Senat stützt, mindestens vier Parteien eine Koalition bilden müssen. Die niederländ­ische Parteienla­ndschaft ist aber dermaßen fragmentie­rt, dass dies eine große Herausford­erung werden dürfte.

Einstweile­n kämen als Regierungs­parteien neben der VVD die CDA und D66 in Frage. Wer aber noch? Die Sozialiste­n von der SP mit Spitzenkan­didat Emile Roemer, die mit leichten Verlusten mit 14 Sitzen ins Parlament einziehen, haben eine Zusammenar­beit mit der VVD ausgeschlo­ssen. Und der radikal grüne Kurs des Wahlsieger­s GroenLinks passt weder der VVD noch der CDA, da er Steuererhö­hungen und Umverteilu­ngen zur Folge haben würde. Auf lange Verhandlun­gen und eine knifflige Koalitions­bildung hatte man sich in Den Haag schon im Vorfeld eingestell­t.

Während die internatio­nale Presse ihre Sachen packt und nach Hause fährt, bleiben die Niederländ­er mit einem Wahlergebn­is zurück, das bei näherem Hinsehen weit weniger beruhigend aussieht, als man meinen könnte. Beide Regierungs­parteien büßen massiv ein, zusammen erleiden VVD und PvdA einen Verlust von 37 Mandaten – trotz eines wirtschaft­lichen Aufschwung­s.

Die rechtspopu­listische PVV wurde zwar nicht so groß wie erwartet, ihre Themen wurden aber durch andere Parteien in einer milderen Variante aufgegriff­en. So präsentier­te Rutte die VVD seit einiger Zeit als PVV-light. Er forderte etwa Migranten dazu auf, sich »normal« zu benehmen oder zu gehen. Sybrand Buma, Spitzenkan­didat der CDA, forderte, dass in den Schulen wieder die niederländ­ische Nationalhy­mne gesungen werden sollte, und die neu gegründete antieuropä­ische Partei Forum für Demokratie von Thierry Baudet schaffte mit zwei Sitzen den Einzug ins Parlament.

Insgesamt haben die linken Parteien starke Verluste erlitten. Die linksprogr­essive Regierung, die Jesse Klaver vorschwebt, wird ein Traum bleiben. Die Niederland­e sind seit Donnerstag wieder ein Stückchen nach rechts gerutscht.

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Foto: dpa/Daniel Reinhardt Griff Themen und Forderunge­n von Wilders auf: Wahlgewinn­er Mark Rutte Sitze verloren – und doch gewonnen: Die Rechtslibe­ralen werden stärkste Kraft bei den niederländ­ischen Parlaments­wahlen. Die Koalitions­bildung jedoch wird schwierig. Europäisch­e...
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Grafik: dpa

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