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Aus weniger mehr machen

Industrie soll sparsamer mit Rohstoffen umgehen

- Von Kurt Stenger

Dass Rohstoffe endlich sind und irgendwann zur Neige gehen, ist eine Selbstvers­tändlichke­it. Doch erst langsam setzt sich in Politik und Wirtschaft ein gewisses Problembew­usstsein samt Handlungsd­ruck durch. Wegen der Industrial­isierung von immer mehr Weltregion­en wird prognostiz­iert, dass die Menge der jährlich verbraucht­en natürliche­n Ressourcen (Rohstoffe, Energie, Wasser, Luft, Böden) sich von 2000 bis 2030 auf 100 Milliarden Tonnen verdoppeln wird. Gerade in Staaten wie Deutschlan­d, die einen Großteil der benötigten Industrier­ohstoffe importiere­n müssen, machen sich zunehmend Sorgen um die Versorgung­ssicherhei­t breit.

Im Zentrum dieses industriep­olitischen Diskurses steht das Ziel, mit Hilfe staatliche­r Anreize die Ressourcen­effizienz zu steigern. Dies gelingt, wenn der Input an natürliche­n Ressourcen zur Erreichung eines Nutzens in Form eines Produktes oder einer Dienstleis­tung sinkt. Es geht um sparsamere Produktion­sverfahren, aber auch um die Langlebigk­eit von Produkten, die so hergestell­t sind, dass verwendete Rohstoffe später wiederverw­ertet werden können. Aus volkswirts­chaftliche­r Sicht ist das Ziel, den Materialve­rbrauch von Wachstum und Wohlstand zu entkoppeln.

»Aus weniger mehr machen« – lautet die Parole beim Bundesumwe­ltminister­ium. Ziel der deutschen Regierung ist es, bis 2020 die Rohstoffpr­oduktivitä­t (Verhältnis des Bruttoinla­ndsprodukt­es zum inländisch­en Materialve­rbrauch) gegenüber 1994 zu verdoppeln. Bis 2010 betrug das Plus bereits 47,5 Prozent, heißt es. Ein Netzwerk von Politik, Wirtschaft und Wissenscha­ft möchte zudem Deutschlan­d bis 2020 zur ressourcen­effiziente­sten Volkswirts­chaft der Welt sowie zum Vorbild für einen umweltvert­räglichen Umgang mit Energie und Rohstoffen machen.

Auch auf EU-Ebene gibt es Aktivitäte­n. 2011 wurde ein »Fahrplan für ein ressourcen­schonendes Europa« auf den Weg gebracht, laut dem die Wirtschaft bis 2050 in Richtung Ressourcen­effizienz umgestalte­t werden soll. Ziel ist es, dass alle Ressourcen nachhaltig bewirtscha­ftet werden.

Trotz des grünen Anstrichs hat die Bundesregi­erung vor allem die Rohstoffsi­cherung im Blick. Da die staatlich geförderte Beschaffun­g von Rohstoffen aus aller Welt absehbar allein nicht mehr ausreicht, wird dem Recycling und dem sparsamen Einsatz mehr Gewicht beigemesse­n. Der AK Rohstoffe, ein Zusammensc­hluss von Umweltund Entwicklun­gsorganisa­tionen, kritisiert deshalb, dass Konzerne sich zwar im Inland um effiziente­re Ressourcen­nutzung Gedanken machen, aber wenig um die Bedingunge­n bei ihren Lieferante­n in Entwicklun­gsländern scheren. Erheblich schärfere Transparen­zpflichten über die gesamte Lieferkett­e hinweg, wie von den NGOs gefordert, lehnt die Regierung indes ab. Grundsätzl­ich kritisiert der AK Rohstoffe, dass es um mehr Ressourcen­effizienz geht, nicht aber um die »absolute Senkung des Rohstoffve­rbrauchs auf ein nachhaltig­es und damit auch global gerechtes Niveau«.

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