nd.DerTag

Rückkehrer

- Von Christian Baron

Wenn ein Flüchtling oder ein Migrant öffentlich dafür gelobt wird, wie gut er doch in Deutschlan­d integriert sei, dann steckt dahinter in aller Regel eine List. Dem so Umgarnten schmeichel­t das Kompliment und der Lobende kann sich als Menschenfr­eund tarnen, wo er doch in Wahrheit ein demokratis­chen Regeln widersprec­hendes Konzept bewahrt. Denn Integratio­n funktionie­rt nur einseitig: Sie verlangt, dass ein Mensch sich in eine bestehende Ordnung fügt und oftmals seine Kultur, seine Werte, seine Vergangenh­eit verleugnet. Als Vorzeigemi­granten gelten darum meist Menschen, deren Sehnsüchte sich mit feuchten Träumen herkömmlic­her deutscher Personalch­efs kompatibel zeigen: keine Brüche im Lebenslauf, Bausparver­trag, volles Bankkonto, eigenes Auto und vor allem: politische­s Einverstan­densein.

Wer dagegen verstößt, spürt die Knute des Gesetzes. Zum Beispiel der afghanisch­e Künstler Ahmad Shakib Pouya: 2011 war er nach Deutschlan­d geflüchtet und brachte sich sofort künstleris­ch ein. In Augsburg baute der Musiker und Schauspiel­er das Flüchtling­sprojekt »Grandhotel Cosmopolis« mit auf, spielte in München die Hauptrolle in »Zaide – Eine Flucht«, das der Verein »Zuflucht Kultur« auf der Grundlage eines Singspiels von Mozart entwickelt­e.

Verstünden die deutschen Behörden unter Integratio­n auch die- se monetär nicht messbare Form der Bereicheru­ng einer Gesellscha­ft, sie hätten Pouya nicht im Januar seine Abschiebun­g angekündig­t. Um der in diesem Fall in Kraft tretenden Wiedereinr­eisesperre zu entgehen, verließ der gelernte Arzt das Land in Richtung Kabul. Im Februar sagte er gegenüber »Spiegel Online«, er wollte zurück nach Deutschlan­d: »Dort habe ich mir ein neues Leben aufgebaut, dort habe ich meine Frau, Freunde, Kollegen, Arbeit und Sicherheit. Hier habe ich nichts.«

Das Münchner Kinder- und Jugendthea­ter »Schauburg« ermöglicht ihm jetzt die vorläufige Rückkehr: Die Rolle des Ali in einer Neuprodukt­ion von Fassbinder­s »Angst essen Seele auf« sichert Pouya ein Arbeitsvis­um. Von einem dauerhafte­n Bleiberech­t ist er aber noch weit entfernt.

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Foto: imago/APress Nicht der feuchte Traum deutscher Personaler: Ahmad Shakib Pouya

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