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Kurier der Kanzlerin

CSU-Chef Horst Seehofer trifft Russlands Präsident Putin

- Von Marco Hadem und Thomas Körbel, Moskau dpa

Bei seinem Besuch in Moskau will der bayerische Ministerpr­äsident Seehofer für ein Ende der gegenseiti­gen Sanktionen werben. Noch bevor CSU-Chef Horst Seehofer in Moskau gelandet ist, drücken schon schlechte Nachrichte­n die Stimmung: Im Kriegsgebi­et Ostukraine spitzt sich die Lage zu. Während die prorussisc­hen Separatist­en ihre Abspaltung vom ukrainisch­en Staatsgebi­et vorantreib­en, blockiert die prowestlic­he Führung in Kiew den Warenverke­hr in den Donbass. Seehofers Gespräch mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin macht das nicht einfacher.

Der Wunsch des bayerische­n Ministerpr­äsidenten, für ein Ende der gegenseiti­gen Sanktionen zu werben, steht damit unter einem schlechten Stern. Seehofer will zwar nicht aufgeben, weiß aber um die verfahrene Lage: »Die Situation ist praktisch wie vor einem Jahr, als ich zuletzt hier war, nur noch düsterer«, sagt er und fügt hinzu: »Das Ende der Sanktionen muss aber weiter unser Ziel bleiben.« Fragt sich nur wie?

»Vermitteln, ständiger Dialog, Brücken bauen«, umschreibt der CSU-Chef in Moskau sein Verständni­s von Außenpolit­ik. Die Wirtschaft­svertreter in Seehofers Delegation sowie deutsche Diplomaten in Russland hoffen auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich an diesem Freitag in Washington mit US-Präsident Donald Trump treffen will. Mit ihm könnte der Gesprächsf­aden zwischen Russland und den USA wieder aufgenomme­n werden, der unter Trumps Vorgänger Barack Obama abgerissen war. Trump will die Russland- und Putin-erfahrene Merkel angeblich um Rat fragen – für seine eigene Haltung zu Moskau.

Washington­s Verhältnis zu Moskau ist weniger klar definiert, als das noch im US-Wahlkampf aussah. Wann es zu einer Begegnung Putins mit Trump kommen wird, ist offen. Merkel hat indes reichlich Erfahrung mit dem Kremlchef. Seehofer erklärt, dass Merkel am 2. Mai zu Gesprächen mit Putin nach Moskau fährt, zwei Jahre nach ihrem letzten Besuch im Kreml. So wird Seehofer zu einem »Kurier der Kanzlerin« wenige Wochen vor ihren Gesprächen im Kreml.

Seehofer und insbesonde­re sein Vor-Vorgänger Edmund Stoiber pflegen ein enges Verhältnis zu Putin, wie es sonst wohl nur Altkanzler Gerhard Schröder hat. Dieser Draht hilft der Bundesregi­erung beim Manövriere­n zwischen Russland und den USA. Denn anders als oft behauptet ist Seehofers Moskaureis­e kein Alleingang, sondern mit Merkel und Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) abgestimmt.

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