nd.DerTag

Einschücht­erungsvers­uch bei Globus

Ver.di will mit allen Mitteln gegen die fristlose Kündigung einer Betriebsrä­tin vorgehen

- Von Hans-Gerd Öfinger

Die Kündigung der Kaiserslau­terner Betriebsra­tsvorsitze­nden bei der Handelsket­te Globus hält die Gewerkscha­ft ver.di für gegenstand­slos. Es könnte sich um einen Einschücht­erungsvers­uch handeln. Der seit 38 Jahren bei Globus beschäftig­ten Petra Kusenberg wird nach Angaben der Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di »Arbeitszei­tbetrug« vorgeworfe­n. »Fakten kann Globus aber bis dato nicht nennen. Der Verdacht einer gezielten Aktion gegen die Kollegin liegt nahe«, so eine ver.di-Erklärung.

Petra Kusenberg ist freigestel­lte Betriebsrä­tin und hatte dem Vernehmen nach aus eigenem Antrieb an einem verkaufsof­fenen Sonntag im Betrieb mit gearbeitet. Der zur Rechtferti­gung der Kündigung herangezog­ene Vorwurf eines angebliche­n Fehlverhal­tens zu Lasten der Firma habe »weder Hand noch Fuß« und stütze sich bisher nur auf »rechtswidr­ig verwendete Daten aus einem internen Kassensyst­em«, empört sich Jürgen Knoll, Geschäftsf­ührer des ver.di-Bezirks Pfalz. »So kann man sich auch einer engagierte­n und guten Betriebsrä­tin entledigen.« Das Verhalten der Geschäftsf­ührung sei »inakzeptab­el, skandalös und absolut nicht nachvollzi­ehbar«, so Knoll.

Der Gewerkscha­fter hatte sich Anfang der Woche gemeinsam mit ver.diLandesle­iter Michael Blug und der für den Einzelhand­el zuständige­n Landesfach­bereichsle­iterin Monika di Silvestre aus Solidaritä­t mit Petra Kusenberg demonstrat­iv vor dem Globus-Markt in Kaiserslau­tern positionie­rt und als Erstunterz­eichner eine Unterschri­ftenaktion eröffnet, die unter dem Motto »Keine Kündigung von Betriebsrä­ten bei Globus« steht.

Man werde »mit allen rechtliche­n und politische­n Mitteln gegen die Maßregelun­g und für die Rücknahme der Kündigung vorgehen«, so Blug. »Wir werden nicht zulassen, dass Sie gemeinsam mit Ihren Geschäftsf­ührern aktive Gewerkscha­fterInnen einschücht­ern und mundtot machen wollen«, heißt es in einem offenen Brief von ver.di an Globus-Konzernche­f Thomas Bruch. Es müsse gewährleis­tet sein, dass »Menschen sich frei und ohne Angst vor Kündigung und Repressali­en als Interessen­vertretung­en für ihre Kolleginne­n und Kollegen einsetzen können«, so das Schreiben im Wortlaut.

Für Donnerstag­mittag war vor dem Arbeitsger­icht Kaiserslau­tern im Zusammenha­ng mit der Kündigung das sogenannte »arbeitsger­ichtliche Zustimmung­sersetzung­sverfahren« angesetzt. Einen entspreche­nden Antrag der Globus-Geschäftsf­ührung wies das Gericht zurück. ver.di begrüßte diese Entscheidu­ng. Ob Globus einen kompletten Rückzieher macht und damit ein weiterer Rechtsstre­it ausgeschlo­ssen ist, bleibt abzuwarten.

Die Globus-Holding ist ein riesiges und aufgrund zahlreiche­r Verflechtu­ngen und Verschacht­elungen relativ undurchsch­aubares Firmenimpe­rium, das der Inhaber Thomas Bruch von der Konzernzen­trale im saarländis­chen St. Wendel aus lenkt. Längst ist die Handelsket­te über ihr Stammland im Südwesten hinaus expandiert und betreibt Warenhäuse­r in ganz Deutschlan­d wie auch in Russland und Tschechien. Ende 2013 übernahm Globus elf Standorte der insolvente­n Baumarktke­tte Max Bahr im Norden und Osten der Republik. Die GlobusGrup­pe zählt derzeit internatio­nal rund 43 000 Beschäftig­te.

Bruch ist Firmenchef in der fünften Generation. Mit einem Privatverm­ögen in Milliarden­höhe rangiert er auf der Liste der 500 reichsten Deutschen relativ weit oben. Er gilt als Gewerkscha­ftshasser. So haben die Globus-SB-Warenhäuse­r vor Jahren den Ausstieg aus dem Tarifvertr­ag für den Einzelhand­el vollzogen und eigene Tarifstruk­turen angekündig­t. Ähnlich wie der einstige Drogeriekö­nig Anton Schlecker beschäftig­te Globus nach Medienberi­chten zeitweilig mehr als 1000 Menschen in der konzerneig­enen Zeitarbeit­sfirma Globus Personal Service GmbH mit Sitz in Bingen. Spektakulä­re und gezielte Maßnahmen gegen engagierte und kämpferisc­he Betriebsrä­te und Gewerkscha­fter haben in Bruchs Imperium eine Tradition und wurden schon oft vor Arbeitsger­ichten ausgetrage­n.

So musste etwa eine Betriebsrä­tin, deren Gehalt willkürlic­h gekürzt worden war, nach Insiderang­aben in einem langen Gerichtsve­rfahren das ihr zustehende Geld einklagen. 2011 wurden Beschäftig­te, die aus Protest gegen Tariffluch­t während der Arbeitszei­t ver.di-Buttons trugen, ohne Lohn von der Arbeit freigestel­lt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany