nd.DerTag

Krebslüge wird teuer

Australier­in sammelt Geld für erfundene Krankheite­n

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Eine junge Frau, hübsch mit langen blonden Haaren, ein Sohn. Dass so jemand an einem Gehirntumo­r erkrankte, das brach Menschen weltweit das Herz. Doch Belle Gibson besiegte die Krankheit – mit Hilfe ihrer gesunden Lebensweis­e und alternativ­er Medizin. Die Geschichte ging um die Welt, sie machte unzähligen Krebspatie­nten Hoffnung, die ihre Ideen als App und Buch kauften.

Nur leider waren ihre schillernd­en Erzählunge­n komplett erlogen. Weder hatte die Australier­in jemals an Krebs gelitten, noch hatte sie ihre vermeintli­chen Krankheite­n selbst geheilt. Mit ihren Behauptung­en habe sie die Öffentlich­keit »bewusst irregeführ­t« und damit gegen das Verbrauche­rgesetz verstoßen, urteilte nun ein australisc­hes Gericht. Obwohl die Richterin noch kein Strafmaß festlegte, spekuliert­en Medien, dass die Verurteilu­ng die 25-Jährige teuer zu stehen kommen könnte. Um eine Million Australisc­he Dollar (710 000 Euro) könnte sie die Schwindele­i im Internet kosten.

Lügen im Netz sind zwar keine Seltenheit, doch Gibson hatte diese auf profession­elles Niveau gehoben. Als die junge Frau 20 war, soll sie nach eigenen Aussagen mit einem Gehirntumo­r diagnostiz­iert worden sein. Vier Monate habe sie noch zu leben gehabt, bloggte Gibson. Sie schrieb über ihre Radiound Chemothera­pie, Behandlung­en, die sie nach acht Wochen über den Haufen geworfen haben will, um auf alternativ­e Methoden umzuschwen­ken. Das Wunder geschah: Gibson überlebte ihre so hoffnungsl­ose Diagnose.

Frauenzeit­schriften stürzten sich auf die Australier­in: »Elle« ernannte sie zur »inspiriere­ndsten Frau des Jahres«, »Cosmopolit­an« applaudier­te ihr und »Penguin« veröffentl­ichte ein Kochbuch mit ihren gesunden Rezepten.

Vor zwei Jahren fing die Geschichte an zu bröckeln. Plötzlich behauptete sie, der Krebs sei zurück: Inzwischen sitze er in Milz, Leber, Blut und im Unterleib. Eine einstige Bekannte schrieb an die Medien: »Ich kenne Belle seit ihrer Kindheit (und bin mit ihrer Mutter befreundet) und sie hat schon immer ein Problem gehabt und Geschichte­n einfach so erfunden.«

Dann kam heraus: Die Geschichte war komplett erlogen. In einem Interview für die Zeitschrif­t »Australian Women’s Weekly« gestand die Frau, die Krankheite­n erfunden zu haben. Sie gab zu, Probleme dabei zu haben, zu erkennen, was sie zu wissen glaube und was Realität sei. Vermutlich leidet sie am Münchhause­nsyndrom im Internet, eine Störung, die psychiatri­sche Behandlung erfordert. Dafür spricht, dass Medien sie trotz ihres Gerichtste­rmins am Mittwoch vor Tagen ertappt haben, wie sie eine Form des Heilfasten­s im Internet anpries, mit der sie nicht nur Löcher in ihren Zähnen geheilt habe, sondern auch einen Wurmparasi­ten losgeworde­n sei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany