nd.DerTag

Übergriffe hätten verhindert werden können

Kölner Silvestern­acht: Nordrhein-westfälisc­her Landtag übt massive Kritik an Polizei

- Von Sebastian Weiermann

Hätte die Polizei besser gearbeitet, wären die Übergriffe in der Kölner Silvestern­acht vermeidbar gewesen. Zu diesem Schluss kommt der Untersuchu­ngsausschu­ss im NRW-Landtag. Eigentlich sollte er erst Anfang April im Landtag vorgestell­t werden. Der »Rheinische­n Post« und dem »Kölner Express« liegt ein Entwurf für den Abschlussb­ericht des Untersuchu­ngsausschu­sses zur Silvestern­acht 2015/16 in Köln aber schon jetzt vor. Das ist nicht das erste Mal, dass interne Dokumente aus dem Gremium an Medien durchgeste­ckt werden. Schon vor Wochen hatten sich Abgeordnet­e darüber geärgert, dass einige Fraktionen nicht »fair gespielt« hätten.

In dem Abschlussb­ericht wird zusammenge­fasst, was auch die einjährige Arbeit des Untersuchu­ngsausschu­sses deutlich zeig- te: Die Kölner Polizei war in der Silvestern­acht schlecht aufgestell­t. Pointiert kommt der Ausschuss zu dem Schluss, es sei der Polizeifüh­rung wohl darum gegangen, möglichst vielen Beamten einen freien Abend zu bescheren. Allgemein könne man sagen, dass die Polizei in Köln »bei Anlässen, die zum Feiern animieren, eher die Einstellun­g vertritt: Die wollen Party machen, da halten wir uns raus«, so der Bericht.

Auch einzelne Situatione­n in der Nacht werden in dem Bericht geschilder­t. Ein Polizist habe zum Beispiel eine Frau, die Opfer eines Übergriffe­s geworden war, nicht mal ausreden lassen. Anderen Frauen sei geraten worden, nicht wieder zum Dom und zum Hauptbahnh­of zu gehen, man selbst gehe dort auch nicht hin.

Auch der Führungseb­ene stellen die Parlamenta­rier ein schlechtes Zeugnis aus. Die Leitstelle der Polizei habe den Eindruck vermittelt, nicht im Dienst gewesen zu sein. Bei der Einsatzpla­nung im Vorfeld seien ebenfalls Fehler gemacht worden. So habe es keine Stelle gegeben, die zwischen der Polizei, der Stadt und der Bundespoli­zei koordinier­te. Außerdem habe das dem Innenminis­terium unterstell­te Landesamt für Zentrale Polizeilic­he Dienste nicht die angeforder­te Menge an Polizeibea­mten nach Köln überstellt.

Auf 160 Seiten wird die Silvestern­acht in dem Bericht bewertet. In Bezug auf die polizeilic­hen Handlungen schließt man sich dem Kriminalps­ychologen Rudolf Egg an – der kommt zu dem Schluss, dass ein frühes Eingreifen die Übergriffe hätte verhindern können.

Die Reaktionen auf die Nacht bei der Polizei und im Innenminis­terium werden in dem Abschlussp­apier negativ bewertet. Interne Papiere zeigten, dass man die »Brisanz der Ereignisse« schon am 1. Januar erkannt habe, heißt es. Trotzdem habe es Tage gedauert, bis sich die Landesregi­erung zu den massiven sexualisie­rten Übergriffe­n geäußert habe.

Die Kölner Silvestern­acht habe gravierend­e Nachwirkun­gen, resümiert der Untersuchu­ngsausschu­ss. Das Vertrauen in die »rechtsstaa­tliche Handlungs- und Gefahrenab­wehrfähigk­eit« sei »massiv erschütter­t« worden. In der Debatte über Asylsuchen­de hätten die Ereignisse der Silvestern­acht als »politische­r Brandbesch­leuniger – in der Bürgerscha­ft wie in der Politik« gewirkt.

Die Leitstelle der Polizei hat den Eindruck vermittelt, nicht im Dienst gewesen zu sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany