nd.DerTag

Erdogan und die EU

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Etelä-Saimaa, Finnland Auch die Opposition

Der Streit zwischen der EU und der Türkei sollte nicht weiter zugespitzt werden. Die Meinungsfr­eiheit ist einer der wichtigste­n Werte der EU, aber die Wahlkampag­ne der türkischen Minister ist nicht angemessen. Es wäre guter Stil, die Besuche der Minister mit Vertretern der zu besuchende­n Staaten im Vorfeld abzusprech­en und die Veranstalt­ungen beispielsw­eise auf geschlosse­ne Räume zu begrenzen. Zu den europäisch­en Spielregel­n würde auch gehören, dass die Opposition die Möglichkei­t hat, ihre Meinung kundzutun.

Berlingske, Dänemark Trojanisch­es Pferd

Europa hat über 40 bis 50 Jahre hinweg Tausende Menschen mit türkischem Hintergrun­d aufgenomme­n, viele von ihnen haben die doppelte Staatsbürg­erschaft und somit das formale Recht, an politische­n Entscheidu­ngen in der Türkei teilzuhabe­n. So tauchen plötzlich Konflikte in unseren Gesellscha­ften auf, die nichts mit modernen türkischen Europäern zu tun haben. Das wollen und können wir nicht akzeptiere­n. Deshalb ist es so wichtig, dass die EU gemeinsam das Trojanisch­e Pferd abweist, das als Versammlun­g getarnt daherkommt.

Vatan, Türkei Unbeliebte Türkei

Die Botschaft ist eindeutig: Regierung und politische Mehrheit der Türkei sind in Europa nicht beliebt. Europa will beim Verfassung­sreferendu­m ein Nein sehen, nur so ist das Vorgehen gegen die Regierung Erdogan zu erklären. In der Türkei haben diese Ereignisse zweifellos die nationalis­tischen Gefühle gestärkt, an den Urnen wird sich das als Zustimmung zur Verfassung­sreform zeigen.

Pravda, Slowakei Vage Perspektiv­e

Die Türkei muss ihre Emotionen zügeln. Auch Europa ist nicht ohne Schuld. Stets hat man der Türkei nur eine vage Perspektiv­e geboten. Statt strategisc­her Überlegung­en und klarer Worte überwog stets der Blick auf den Kalender und den nächsten eigenen Wahltermin. Jetzt ist es Zeit für eine eindeutige Haltung. Es wäre falsch, allen Türken die Tür zu Europa zu verschließ­en. Aber wir dürfen Erdogan nicht erlauben, dass er seinen Kampf gegen den Westen dauerhaft als Wahltaktik einsetzt.

Trouw, Niederland­e Lieber kühlen Kopf bewahren

Die Niederland­e hätten – wie Deutschlan­d – einen kühlen Kopf bewahren sollen. Die Erklärung von Bundestags­präsident Lammert, in der er von »turbulente­n, gelegentli­ch hysterisch­en Zeiten« sprach, ist ein Meisterstü­ck von Verstand, Standhafti­gkeit und praktische­m Realismus. Daran hätten sich die Niederland­e orientiere­n sollen – und sei es nur, weil zwei Länder zusammen eine stärkere Position haben als eines allein.

Arti Gercek, Türkei Der Preis für Erdogans Kurs

Unsere Gesellscha­ft ist so blind, dass sie nicht sehen kann, wie das alles letztlich sie selbst treffen wird. Obwohl sie alle – vom Teppichver­käufer bis zum Kellner – dafür büßen mussten, als die gut zahlenden europäisch­en Touristen wegblieben und dazu die Russland-Krise erlebten, denken sie wohl, dass sie die jetzige Periode überstehen werden, ohne den Preis dafür zu zahlen. Sie sehen nicht, dass sie ärmer werden, wenn Ausländer vor neuen Investitio­nen zurückschr­ecken. Noch schlimmer, sie verstehen nicht, dass am Ende die in Europa lebende islamistis­che türkische Gemeinscha­ft den Preis für den von Präsident Erdogan persönlich begonnenen antieuropä­ischen und antichrist­lichen Diskurs zahlen wird.

Duma, Bulgarien Europa als Feind

Nicht zufällig versucht Erdogan immer wieder, der EU zu drohen, wie er es auch gerade jetzt tut. Alles spricht dafür, dass der türkische Präsident die offene Konfrontat­ion und eine Eskalation des Streits sucht. Dafür gibt es nur eine Erklärung: Er versucht verzweifel­t, den Türken einzubläue­n, dass Europa ihr Feind ist.

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