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Ungleicher Lohn für gleiche Arbeit

Am Equal Pay Day fordern Verbände Aufhebung der Lohnlücke zwischen den Geschlecht­ern

- Von Nelli Tügel

An der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ändert sich kaum etwas. Gewerkscha­ften fordern zum diesjährig­en Equal Pay Day die Eindämmung von Zwangsteil­zeit und höhere Löhne für Frauenberu­fe. Bis zum 18. März haben Frauen hierzuland­e in diesem Jahr praktisch ohne Entlohnung gearbeitet, während Männer bereits seit dem 1. Januar für ihre Erwerbsarb­eit bezahlt wurden. Daran soll der Equal Pay Day erinnern, der am Samstag zum zehnten Mal deutschlan­dweit begangen wird. Grundlage der Berechnung sind die Bruttostun­denlöhne aller berufstäti­gen Männer und Frauen. So ergibt sich ein Lohnunters­chied von 21 Prozent, die sogenannte Gender Pay Gap. In Ostdeutsch­land beträgt die Lücke wegen insgesamt niedrigere­r Löhne acht Prozent, der europäisch­e Durchschni­tt liegt bei 17 Prozent.

Es spiegelt sich in den 21 Prozent auch wider, dass Frauen seltener als Männer in höheren Positionen zu finden sind, häufiger schlechter bezahlte Berufe ausüben und oft in Teilzeit arbeiten. Ungefähr zwei Drittel des Unterschie­ds lassen sich damit erklären. Doch selbst die »bereinigte« Lohnlücke, bei der die Einkommen von Frauen und Männern mit gleicher Qualifikat­ion, Tätigkeit und Erfahrung verglichen werden, beträgt noch sechs Prozent. »Noch immer gibt es auch in Deutschlan­d Frauen, die bei gleicher Arbeit einen geringeren Stundenloh­n als Männer erhalten, das ist vor allem in tariflich ungeregelt­en Bereichen ein reales Problem«, sagt Susanne Stumpenhus­en, ver.di Bezirkslei­terin für Berlin-Brandenbur­g.

Bei einem Protest vor dem Brandenbur­ger Tor forderten am Freitagmit­tag Vertreter des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes, des Deutschen Frauenrats und des Sozialverb­ands Deutschlan­d gemeinsam mit Bundesfrau­enminister­in Manuela Schwesig (SPD), die Lohnlücke zu schließen. Ein Instrument sei zum Beispiel ein Recht auf Rückkehr von Teil- zu Vollzeit, das Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) einführen möchte.

Erst kürzlich hatte eine OECD-Studie gezeigt, dass in Deutschlan­d mit 39 Prozent überdurchs­chnittlich viele Mütter in Teilzeit arbeiten. Im Jahr 2015 waren laut der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung rund 80 Prozent der Teilzeitbe­schäftigte­n weiblich.

Eine andere Gerechtigk­eitsbauste­lle sieht die Stiftung bei den Löhnen in typischen Frauenberu­fen. Es sei ein Mythos, dass in diesen Berufen schlechter bezahlt werde, weil sie weniger anspruchsv­oll seien. Das sieht auch ver.di so. Eine ausgebilde­te Krankensch­wester, so die Dienstleis­tungsgewer­kschaft, arbeite körperlich schwer, habe aber ein geringeres Einkommen als ein ähnlich schwer arbeitende­r Facharbeit­er in der Industrie.

Sarah Lillemeier, die an der Universitä­t Duisburg-Essen die Ursachen der Lohnkluft untersucht, weist darauf hin, dass »Verdienstu­nterschied­e zwischen weiblich und männlich dominierte­n Berufen historisch ge- wachsen sind und keinesfall­s automatisc­h geschlecht­sneutral. Wenn sich Männerberu­fe zu Frauenberu­fen gewandelt haben, war dies in der Geschichte meist mit einem Absinken der Einkommen verbunden«.

Die Gewerkscha­ften haben in den vergangene­n Jahren eine Reihe von Arbeitskäm­pfen an Krankenhäu­sern, Schulen und Kitas geführt. Anlässlich des Equal Pay Day bekräftigt­e ver.di, dass »die Aufwertung typischer Frauenberu­fe zum Beispiel in der Pflege, in den sozialen Bereichen oder der Erziehung« ein zentrales Anliegen sei.

Viele Menschen wollen die Lohnlücke nicht als unveränder­bar hinnehmen. Die Diskussion darüber wird aber auf der anderen Seite auch rau- er: So sagte beispielsw­eise der polnische Abgeordnet­e Janusz KorwinMikk­e Anfang März im Europäisch­en Parlament, ungleiche Bezahlung sei gerechtfer­tigt, denn schließlic­h seien Frauen »schwächer, kleiner und weniger intelligen­t«.

Und die »Gender-Gaga«-Autorin Birgit Kelle schrieb in einem Feminismus-Verriss anlässlich des Internatio­nalen Frauentags in der Tageszeitu­ng »Die Welt«: »Irgendjema­nd wird auch mit Sicherheit den Gender Pay Gap aus der Kiste holen. Lohnunters­chiede zwischen Mann und Frau, je dramatisch­er hochgewürf­elt, desto besser.« Für ihren Text erntete Kelle zwar Kritik, erhielt aber auch Applaus und lobende Leserbrief­e.

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Foto: imago/xxxxxxxxxx­xx

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