Am gleichen Strang
In dieser Woche häuften sich die Anlässe, zu denen sich AfD und CDU einig waren. Doch auch die FDP mischte mit
Ein gemeinsamer Antrag im Abgeordnetenhaus, Gegenstimmen zu einem Buchenwald-Ausflug in Lichtenberg und ein CDU-Stadtrat, der zur AfD wechselt – der Kurs sorgt bei den anderen Parteien für Kritik. Die SPD spricht von einem »Tabubruch«, die Linkspartei forderte ein »klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus« und die Grünen sehen ein »Abgrenzungsproblem nach Rechts«. Lange Zeit fragten sich Beobachter, wie die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus und in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) ihre Position zur AfD bestimmen würden – diese Woche gab gleich drei Anlässe, die Nähe der Rechtsaußenpartei zu CDU und FDP unter die Lupe zu nehmen.
Doch der Reihe nach. Am Mittwoch reichten die Abgeordnetenhausfraktionen von FDP, CDU und AfD erstmals gemeinsam einen »Entschließungsantrag« über Wahlkampfveranstaltungen türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland ein. Nicht so sehr der Inhalt erzürnte die Koalitionsparteien weit über Berlins Grenzen hinaus, als die Zusammenarbeit der Parteien. »Tabubruch durch die CDU«, twitterte SPD-Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil. »Das Schlimmste ist das Kuscheln mit Rechten«, befand die Vorsitzende der SPD-Frauen, Cornelia Östreich. Volker Beck (Grüne) schaltete sich in die Debatte ein und trat den Einwänden entgegentrat, die Initiatorin FDP habe nicht verhindern können, dass die AfD unterschrieb, wenn sie gleiche Positionen habe: Selbst wenn es ähnliche Anträge gäbe, so Beck, würden diese zwar gemeinsam abgestimmt. Der Antrag »wird deshalb aber nicht als ein Antrag Drucksache«.
Auch die Landespolitiker übten Kritik. Anja Schillhaneck, GrünenAbgeordnete, sagte dem »nd«: »Es gibt keinerlei Verpflichtung, eine andere Fraktion dem eigenen Antrag hinzuzufügen.« Für ihre Fraktion sei klar: »Wir stellen keinen Antrag mit der AfD. Punkt.« Schon länger beobachte sie eine problematische Nähe unter den Parteien: »Ich nehme wahr, dass auch die FDP ein Abgrenzungsproblem nach rechts hat.«
Jean-Paul Neuling, Sprecher der FDP-Fraktion, nannte das Vorgehen hingegen »gute parlamentarische Sitte«. Die Partei wolle »allen Fraktionen die Partizipation ermöglichen«. Am Antrag habe die AfD weder mitgewirkt noch auf die Formulierungen Einfluss genommen. Die Aufregung halte er deshalb für »künstlich«. Michael Thiedemann, Pressesprecher der CDU, wollte die Unterschrift der AfD nicht kommentieren. Er sagte: »Die FDP hat allen Fraktionen im Abgeordnetenhaus die Mitzeichnung der Initiative angeboten. Die CDUFraktion hat den Antrag als erste Fraktion unterstützt.«
AfD im Visier Auslachen, argumentieren, totschweigen? Hier widmen wir uns unregelmäßig und in loser Form der Berliner AfD. Foto: 123rf/ siamimages [M]
Am Donnerstag dann der nächste Eklat. Im Lichtenberger Bezirksparlament will die LINKE über einen »Sondermittelantrag« abstimmen, um der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald 1000 Euro für eine jährliche Gedenkfahrt nach Buchenwald zur Verfügung zu stellen.
Die Linkspartei beantragte eine namentliche Abstimmung. Das Ergebnis: Einige wenige AfD- und CDUAbgeordnete enthielten sich, die meisten stimmten dagegen. Norman Wolf, Chef der Linksfraktion, sagte: »Das Abstimmungsverhalten der CDU wirft Fragen auf: Müsste es nicht Anliegen aller demokratischen Fraktio- nen sein, Engagement gegen Rechtsextremismus und für die Erinnerung an eines der schlimmsten Menschheitsverbrechen zu fördern?« Gregor Hoffmann, CDU-Fraktionsvorsitzender in Lichtenberg, begründet die Gegenstimmen jedoch anders: »Der Antrag lag zunächst nicht formgerecht vor. Die nachgereichten Unterlagen haben uns nicht erreicht.« Die Argumente der AfD habe er sich nicht zu eigen gemacht: »Die Rede, die AfDler Falk Rodig dort gehalten hat, war unerträglich.« Angst, in einen Topf geworfen zu werden, habe er trotzdem nicht. »Wir haben ja begründet, dass unsere Nein-Stimmen nichts mit dem Inhalt zu tun haben.«
Am Freitag dann berichtete der »Tagesspiegel«, dass die AfD einen neuen Kandidaten für ihren noch vakanten Stadtratsposten im Bezirk Pankow hat: Sie will Daniel Krüger ins Rennen schicken, den früheren CDU-Baustadtrat von TempelhofSchöneberg. Die Pankower AfD will Krüger bei der nächsten Sitzung der BVV am 5. April zur Wahl stellen. Krüger war am Donnerstag aus der CDU austreten, bestätigte sein früherer Kreisverband.
Der erste AfD-Stadtratskandidat, Nicolas Seifert, war bei sieben Wahlgängen durchgefallen. Er hatte am Rande einer Demonstration einen als Clown verkleideten Reporter der ZDF-Satiresendung »heute Show« attackiert.
Der Kreisverband der CDU Tempelhof-Schöneberg erklärte zu Krüger: »Dieser Schritt überrascht uns sehr, schließlich ließ er sich noch am 4. März 2017 in den CDU-Kreisvorstand wählen. In der Vergangenheit gab es keinerlei Anzeichen für inhaltliche Schnittmengen zur AfD.« Vor seiner CDU-Mitgliedschaft gehörte Krüger der SPD an.