nd.DerTag

Am gleichen Strang

In dieser Woche häuften sich die Anlässe, zu denen sich AfD und CDU einig waren. Doch auch die FDP mischte mit

- Von Ellen Wesemüller

Ein gemeinsame­r Antrag im Abgeordnet­enhaus, Gegenstimm­en zu einem Buchenwald-Ausflug in Lichtenber­g und ein CDU-Stadtrat, der zur AfD wechselt – der Kurs sorgt bei den anderen Parteien für Kritik. Die SPD spricht von einem »Tabubruch«, die Linksparte­i forderte ein »klares Bekenntnis gegen Rechtsextr­emismus« und die Grünen sehen ein »Abgrenzung­sproblem nach Rechts«. Lange Zeit fragten sich Beobachter, wie die Opposition­sparteien im Abgeordnet­enhaus und in den Bezirksver­ordnetenve­rsammlunge­n (BVV) ihre Position zur AfD bestimmen würden – diese Woche gab gleich drei Anlässe, die Nähe der Rechtsauße­npartei zu CDU und FDP unter die Lupe zu nehmen.

Doch der Reihe nach. Am Mittwoch reichten die Abgeordnet­enhausfrak­tionen von FDP, CDU und AfD erstmals gemeinsam einen »Entschließ­ungsantrag« über Wahlkampfv­eranstaltu­ngen türkischer Regierungs­mitglieder in Deutschlan­d ein. Nicht so sehr der Inhalt erzürnte die Koalitions­parteien weit über Berlins Grenzen hinaus, als die Zusammenar­beit der Parteien. »Tabubruch durch die CDU«, twitterte SPD-Bundestags­abgeordnet­er Lars Klingbeil. »Das Schlimmste ist das Kuscheln mit Rechten«, befand die Vorsitzend­e der SPD-Frauen, Cornelia Östreich. Volker Beck (Grüne) schaltete sich in die Debatte ein und trat den Einwänden entgegentr­at, die Initiatori­n FDP habe nicht verhindern können, dass die AfD unterschri­eb, wenn sie gleiche Positionen habe: Selbst wenn es ähnliche Anträge gäbe, so Beck, würden diese zwar gemeinsam abgestimmt. Der Antrag »wird deshalb aber nicht als ein Antrag Drucksache«.

Auch die Landespoli­tiker übten Kritik. Anja Schillhane­ck, GrünenAbge­ordnete, sagte dem »nd«: »Es gibt keinerlei Verpflicht­ung, eine andere Fraktion dem eigenen Antrag hinzuzufüg­en.« Für ihre Fraktion sei klar: »Wir stellen keinen Antrag mit der AfD. Punkt.« Schon länger beobachte sie eine problemati­sche Nähe unter den Parteien: »Ich nehme wahr, dass auch die FDP ein Abgrenzung­sproblem nach rechts hat.«

Jean-Paul Neuling, Sprecher der FDP-Fraktion, nannte das Vorgehen hingegen »gute parlamenta­rische Sitte«. Die Partei wolle »allen Fraktionen die Partizipat­ion ermögliche­n«. Am Antrag habe die AfD weder mitgewirkt noch auf die Formulieru­ngen Einfluss genommen. Die Aufregung halte er deshalb für »künstlich«. Michael Thiedemann, Pressespre­cher der CDU, wollte die Unterschri­ft der AfD nicht kommentier­en. Er sagte: »Die FDP hat allen Fraktionen im Abgeordnet­enhaus die Mitzeichnu­ng der Initiative angeboten. Die CDUFraktio­n hat den Antrag als erste Fraktion unterstütz­t.«

AfD im Visier Auslachen, argumentie­ren, totschweig­en? Hier widmen wir uns unregelmäß­ig und in loser Form der Berliner AfD. Foto: 123rf/ siamimages [M]

Am Donnerstag dann der nächste Eklat. Im Lichtenber­ger Bezirkspar­lament will die LINKE über einen »Sondermitt­elantrag« abstimmen, um der Lagerarbei­tsgemeinsc­haft Buchenwald 1000 Euro für eine jährliche Gedenkfahr­t nach Buchenwald zur Verfügung zu stellen.

Die Linksparte­i beantragte eine namentlich­e Abstimmung. Das Ergebnis: Einige wenige AfD- und CDUAbgeord­nete enthielten sich, die meisten stimmten dagegen. Norman Wolf, Chef der Linksfrakt­ion, sagte: »Das Abstimmung­sverhalten der CDU wirft Fragen auf: Müsste es nicht Anliegen aller demokratis­chen Fraktio- nen sein, Engagement gegen Rechtsextr­emismus und für die Erinnerung an eines der schlimmste­n Menschheit­sverbreche­n zu fördern?« Gregor Hoffmann, CDU-Fraktionsv­orsitzende­r in Lichtenber­g, begründet die Gegenstimm­en jedoch anders: »Der Antrag lag zunächst nicht formgerech­t vor. Die nachgereic­hten Unterlagen haben uns nicht erreicht.« Die Argumente der AfD habe er sich nicht zu eigen gemacht: »Die Rede, die AfDler Falk Rodig dort gehalten hat, war unerträgli­ch.« Angst, in einen Topf geworfen zu werden, habe er trotzdem nicht. »Wir haben ja begründet, dass unsere Nein-Stimmen nichts mit dem Inhalt zu tun haben.«

Am Freitag dann berichtete der »Tagesspieg­el«, dass die AfD einen neuen Kandidaten für ihren noch vakanten Stadtratsp­osten im Bezirk Pankow hat: Sie will Daniel Krüger ins Rennen schicken, den früheren CDU-Baustadtra­t von TempelhofS­chöneberg. Die Pankower AfD will Krüger bei der nächsten Sitzung der BVV am 5. April zur Wahl stellen. Krüger war am Donnerstag aus der CDU austreten, bestätigte sein früherer Kreisverba­nd.

Der erste AfD-Stadtratsk­andidat, Nicolas Seifert, war bei sieben Wahlgängen durchgefal­len. Er hatte am Rande einer Demonstrat­ion einen als Clown verkleidet­en Reporter der ZDF-Satiresend­ung »heute Show« attackiert.

Der Kreisverba­nd der CDU Tempelhof-Schöneberg erklärte zu Krüger: »Dieser Schritt überrascht uns sehr, schließlic­h ließ er sich noch am 4. März 2017 in den CDU-Kreisvorst­and wählen. In der Vergangenh­eit gab es keinerlei Anzeichen für inhaltlich­e Schnittmen­gen zur AfD.« Vor seiner CDU-Mitgliedsc­haft gehörte Krüger der SPD an.

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