Warum Physiker nach der Supersymmetrie suchen
In der modernen Physik spielt der Symmetriegedanke eine bedeutende Rolle. Die meisten Physiker sind fest davon überzeugt, dass die Naturgesetze symmetrisch sind, d. h. dass sie unter bestimmten mathematischen Operationen unverändert bleiben. Besonders seit die Mathematikerin Emmy Noether 1918 nachgewiesen hatte, dass die grundlegenden Erhaltungssätze der Physik, wie z. B. der Energieerhaltungssatz, mit symmetrischen Eigenschaften zusammenhängen, verwurzelte sich der Symmetriegedanke tief in den Köpfen der Physiker. Schon Einsteins Relativitätstheorien, aber ebenso später die Entdeckung der Quarks stehen in einem engen Zusammenhang mit diesem Leitgedanken. Deshalb suchen die Physiker auch nach neuen Gesetzen jenseits des heutigen Standardmodells der Teilchenphysik auf der Grundlage des Symmetriegedankens.
Das gegenwärtige Standardmodell der Elementarteilchenphysik enthält insgesamt 61 Teilchen. Das sind zwar vergleichsweise wenige gegenüber dem früheren Teilchenzoo von über 200, aber immer noch recht viele. Da sind die Quarks (insgesamt sechs »Sorten«), aus denen die Protonen und Neutronen aufgebaut sind. Die Quarks kommen in drei verschiedenen »Farben« vor, so dass wir insgesamt 18 Quarks feststellen. Dann gibt es die leichten Teilchen (Leptonen) – insgesamt sechs Sorten. Das bekannteste dieser leichten Teilchen ist das Elektron. Rechnen wir die jeweiligen Antiteilchen hinzu, die sich von den Teilchen nur durch ihre Ladung unterscheiden, kommen wir bereits auf 48. Dazu gesellen sich die »Austauschteilchen« (Bosonen), die für die Übertragung der Grundkräfte zuständig sind: die acht sogenannten Gluonen als Vermittler der starken Kernkraft, die zwei W-Bosonen und das Z-Boson für die Übertragung der schwachen Kernkraft, das Photon für die elektromagnetische Kraft. Schließlich gehört noch das 2012 entdeckte HiggsBoson hinzu, das den Teilchen ihre Massen verleiht. Etwa zwanzig Parameter dieses Standardmodells können nur empirisch festgelegt werden und haben somit keine physikalische Begründung. Viele Physiker sind sich einig, dass unser gegenwärtiges Standardmodell noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.
Ein endgültiges Modell, so Nobelpreisträger Murray Gell-Mann, müsste »in der Einbettung des Standardmodells in eine umfassendere, weniger willkürliche Theorie bestehen, vorzugsweise einer einheitlichen Theorie aller Teilchen und all ihrer Wechselwirkungen«. So kam die Idee auf, nach einer Vereinheitlichung zu suchen, die bei hohen Energien den Unterschied zwischen Materieteilchen und Austauschteilchen verschwinden lässt. Das wäre die größte denkbare Symmetrie in der Natur, gleichsam die Supersymmetrie (SUSY). Zu jedem Teilchen des Standardmodells gäbe es dann einen supersymmetrischen Partner. Und eines dieser supersymmetrischen Teilchen könnte die »Dunkle Materie« ausmachen. Dazu müssten diese Teilchen aber erst einmal entdeckt werden.