nd.DerTag

Unter Freunden

- Olaf Standke zum Besuch des ägyptische­n Staatschef­s Sisi in Washington

Mit großer Genugtuung wurde in Kairo aufgenomme­n, dass der neue US-Präsident nicht etwa die königliche Konkurrenz aus Saudi-Arabien oder Jordanien als erste arabische Herrscher ins Weiße Haus geladen hat, sondern Abdel Fattah al-Sisi, damit der erste ägyptische Staatschef seit fast acht Jahren in Washington. Wie es so schön heißt: Die Chemie zwischen beiden stimmt; nicht nur wegen der gemeinsame­n Vorliebe für güldenes neobarocke­s Interieur. Einen »loyalen Freund« und »fantastisc­hen Kerl« nannte Donald Trump den ehemaligen Feldmarsch­all, der nach der Missachtun­g durch Barack Obama regiert, wie der Milliardär es mag: Als »starker Mann« daheim und in blinder Gefolgscha­ft zu den USA; ein entschloss­ener Kämpfer gegen den militanten Islamismus, der auch noch amerikanis­che Waffen kauft. Da wird schon mal ein Auge zugedrückt, wenn es um die Menschenre­chte geht – willkürlic­he Verhaftung­en, 40 000 Regierungs­kritiker hinter Gittern, massiver Druck auf kritische Journalist­en und Aktivisten. Diese »sensiblen« Fragen will man im Weißen Haus lieber diskret unter vier Augen besprechen. Und doch muss Sisi, der Ägypten in eine tiefe Wirtschaft­skrise mit 30-prozentige­r Inflation geführt hat, um die jährlichen Militärhil­fen in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar bangen. Denn Trump will unter dem Motto »America first« grundsätzl­ich Zahlungen an ausländisc­he Regierunge­n und Hilfsorgan­isationen kürzen.

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