Kein Programmwechsel bei der LINKEN
Parteivorstand folgte bei der Abstimmung zum Entwurf für das Wahlprogramm weitgehend den Vorschlägen der beiden Vorsitzenden
Weniger Steuern für untere und mittlere Einkommen, dafür ein höherer Mindestlohn und mehr Rente: Der Wahlprogrammentwurf der LINKEN enthält Altbekanntes – mit ein paar wichtigen Ausnahmen. Dass es bei der Vorstellung des Programmentwurfs zur Bundestagswahl kaum etwas Neues zu vermelden gab, werteten die beiden Linksparteivorsitzenden, Katja Kipping und Bernd Riexinger, als Bestätigung ihres Kurses. Das Programm sei »geprüft und für gut befunden worden«, sagte Kipping am Montag in Berlin bei der Vorstellung der wichtigsten Punkte. Riexinger betonte, in den Entwurf seien auch vielen Anregungen aus Zuhörveranstaltungen, Regionalkonferen- zen und Hautürbesuchen eingeflossen. »Da gab es außerordentlich viel Zustimmung«, freute sich der Parteichef.
Am Wochenende hatte dann der 44-köpfige Parteivorstand über das Programm bzw. »den Leitantrag für den Wahlprogrammentwurf«, wie es offiziell heißt, abgestimmt. Dabei standen auch zahlreiche Änderungsanträge zur Diskussion. Schließlich, so Riexinger, sei der Entwurf mit nur einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen angenommen worden.
Beim Blick auf die wichtigsten Programmpunkte zeigt sich, dass die Änderungsanträge entweder die im Januar vorgestellten zentralen Forderungen nicht betrafen oder aber sich nicht durchsetzen konnten. Das meiste ist aus dem Januar-Papier »Sozial.Gerecht.Für Alle« bekannt.
So etwa das Steuerkonzept, das der Parteiführung so wichtig ist, dass man es am Montag als ersten von insgesamt sieben Punkten präsentierte. Die beiden Parteivorsitzenden unterstrichen, das Konzept sei »durchgerechnet und aufkommensneutral«. Die Entlastungen für die unteren und mittleren Einkommen sollen durch die höhere Besteuerung von Großverdienern und Vermögenden ausgeglichen werden.
Konkret will man Bruttoeinkommen von unter 7100 Euro pro Monat entlasten und zudem den Freibetrag von derzeit 8800 auf 12 600 Euro erhöhen. Der Spitzensteuersatz soll, wie unter Helmut Kohl, wieder 53 Prozent betragen und ab einem Jahresbrutto von 86 000 Euro greifen. Zudem verspricht die LINKE ihren Wählern die Wiedereinführung der Ver- mögensteuer, die oberhalb von einer Million Euro fünf Prozent des Geldwertes abschöpfen soll. Hier sah Riexinger am Montag auch einen der möglichen Knackpunkte für ein Bündnis mit der SPD. Tatsächlich eiern die Sozialdemokraten in der Frage seit langem herum. Derzeit diskutiert man mal wieder über die Vermögensteuer – mehr jedoch nicht. »Ohne Umverteilung wird die SPD ihre Versprechungen nicht umsetzen können«, so Riexinger mit Blick auf die sozialpolitische Kehrtwende, die die SPD, zumindest rhetorisch, vollzogen hat.
Ob die Sozialdemokraten etwa den von der LINKEN geforderten Mindestlohn in Höhe von 12 Euro mittragen, scheint derzeit genauso unwahrscheinlich, wie eine Zustimmung zur armutsfesten Mindestsicherung von 1050 Euro oder der Rückkehr zum Rentenniveau von 53 Prozent.
Doch worin unterscheidet sich der Beschluss des Parteivorstandes nun vom Entwurf aus dem Januar? Unter Punkt vier »Gut Wohnen – aber klar!« finden sich zwei Forderungen, denen sich viele Mieter wohl sofort anschließen würden. So sollen Mieten in Milieuschutzgebieten, wie es sie etwa in Berlin gibt, bei 8,50 Euro gekappt werden. Bestehende Mieten sollen eingefroren werden. »Wir zeigen, wie sozial gerecht geht. Wir reden Klartext«, sagte Kipping.
Die LINKE plädiert außerdem dafür, dass jährlich 250 000 kommunale, gemeinnützige Sozialwohnungen neu gebaut werden. Die Sozialbindung bei den Mieten solle in Zukunft ohne Befristung gelten. Zudem will man Immobilienfonds »die Zulassung entziehen«. Tatsächlich heizen die renditeorientierten Fonds die Spekulationen auf dem Immobilienmarkt heftig an.
Neu sei zudem der größere Stellenwert, den man dem Klimaschutz nun im Programm einräume, so Riexinger. Immer wieder war von vielen Parteimitgliedern bemängelt worden, dass der Entwurf hier keine eindeutigen Prioritäten setzt. Auch dem »Kampf gegen die Diskriminierung Ostdeutschlands« widme sich der Entwurf nun noch deutlicher, unterstrich der Parteichef. Dazu zählt auch die Forderung, den Rentenwert Ost sofort dem Westniveau anzugleichen und nicht erst, wie die Bundesregierung plant, im Jahre 2025. Dabei solle man die Höherbewertung der niedrigeren Ost-Löhne beibehalten, so Kipping.