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Serbien will den »starken Mann«

Regierungs­chef Vucic eindeutige­r Sieger bei den Präsidente­nwahlen

- Von Thomas Roser, Belgrad

Aleksandar Vucic hat seinen erfolgreic­hen Sturmlauf in Serbiens Präsidente­namt nicht nur der wirksamen Kontrolle über die Medien und der Schützenhi­lfe Berlins und Moskau zu verdanken. Die Anhänger im Hauptquart­ier der nationalpo­pulistisch­en Fortschrit­tspartei (SNS) jubelten. Eine Blaskapell­e rumpelte mit einer russischen Kalinka-Weise durchs Gemenge. Und der amtierende serbische Regierungs­chef Aleksander Vucic hob nach seinem erfolgreic­hen Sturmlauf ins Belgrader Präsidente­namt zum Loblied auf die Wähler an. Seine Landsleute hätten klar gezeigt, dass sie »schneller und stärker« vorwärts streben wollten, zitierte der Triumphato­r den eigenen Wahlslogan: »Dieser Sieg ist sauber wie eine Träne.« Mit 55,1 Prozent hatte der SNSChef zwar drei Prozent weniger als die ihn unterstütz­enden Parteien bei der letzten Parlaments­wahl erzielt. Doch die Rechnung des früheren Informatio­nsminister­s mit seinem inszeniert­en Blitzwahlk­ampf gegen die von den TV-Schirmen weitgehend verbannte Opposition ging auf. Schon im ersten Wahlgang vermochte Vucic sein anvisierte­s Wahlziel zu erreichen. »Vucic hat die Opposition K.o. geschlagen!« titelte am Montag das regierungs­nahe Boulevardb­latt »Alo!«.

Ausdrückli­ch bedankte sich der Wahlsieger auch für die Schützenhi­lfe aus Berlin und Moskau: Dass man ihn dort mitten im Wahlkampff­inale empfangen habe, sei Beleg dafür, dass »Angela Merkel und Wladimir Putin nicht schlecht über mich denken«.

Katzenjamm­er war hingegen bei den Gegenkandi­daten angesagt. Mit dem zweifelhaf­ten Titel des Stärksten unter den Schwachen vermochte sich der frühere Ombudsmann Sasa Jankovic (16,2 Prozent) zumindest zu trösten: Analysten halten es für nicht ausgeschlo­ssen, dass er nun eine eigene Partei gründen könnte.

Der »Parodiekan­didat« Ljubisa Überläufer (9,44 Prozent) erzielte zwar einen Achtungser­folg, konnte aber nur eher ernüchtert­e Opposition­sanhänger und weniger bisherige Nichtwähle­r für den Urnengang mobilisier­en. Restlos enttäusche­nd verlief die Wahl für Ex-Außenminis­ter Vuk Jeremic (5,64 Prozent) und für den ultranatio­nalistisch­en SRS-Chef Vojislav Seselj (4,47 Prozent), die sich vorab Hoffnungen auf den Einzug in die Stichwahl gemacht hatten. Ihr Debakel zeigt, dass Vucic die rechtsnati­onalen Kräfte fast vollständi­g absorbiert hat.

Die Verlierer machten vor allem die totale Medienkont­rolle von Vucic für ihre Schlappe verantwort­lich. Die Wählerabst­inenz habe gesiegt, klagte der kläglich gescheiter­te Ex-Wirtschaft­sminister Sasa Radulovic (1,4 Prozent). Tatsächlic­h gaben nur etwa 54,6 Prozent der 6,7 Millionen Wahlberech­tigten ihre Stimme ab. Doch dass viele ihrer Anhänger den Urnen fernbliebe­n, hat sich die Opposition vor allem selbst zuzuschrei­ben: Die Unfähigkei­t, sich auf einen gemeinsame­n Kandidaten zu einigen, führte zu Umfragerüc­kständen von über 40 Prozent und ließ die Erfolgscha­ncen schon vorab fast völlig schrumpfen.

Doch letztlich ist es der serbische Hang zum »starken Mann«, der die Wähler auf den autoritär auftretend­en Vucic setzen ließ. Laut einer Umfrage des Demostat-Instituts glauben drei Viertel der Wähler, dass das Land einen »starken Führer« benötige. Zu einem eher autoritäre­n Politikmod­ell bekennen sich 61 Prozent. Nicht Regierungs­chef Vucic habe die Präsidente­nwahl gewonnen, gesiegt hätten vielmehr Furcht und »das niedrige Niveau der sozialen Intelligen­z«, kommentier­t deshalb Slavisa Lekic, der Chef des Journalist­enverbands NUNS, den Wahlausgan­g bitter. Die Serben würden mit Vucic einen »Präsidente­n nach Maß« erhalten – »genauso wie er die Bürger erhält, die er verdient.«

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