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Der »Verschrott­er« ist wieder da

Die Vorwahlen der italienisc­hen Demokratis­chen Partei bringen Ex-Premier Renzi zurück auf die politische Bühne

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Am Montagnach­mittag waren die Stimmen in allen Wahlbezirk­en des Landes ausgezählt. Nach Angaben aus der Zentrale der Demokratis­chen Partei (PD) hatten sich 266 726 der 449 852 PD-Mitglieder an den Primärwahl­en beteiligt. Es ging darum, die Kandidaten für einen neuen Parteichef zu ermitteln. Am Rennen beteiligte­n sich der bisherige Sekretär und Ex-Regierungs­chef Matteo Renzi, Justizmini­ster Andrea Orlando und als Dritter der Gouverneur von Apulien, Michele Emiliano. Letzterer gehört zu den führenden Kräften der parteiinte­rnen Opposition.

Die PD-Führung feierte die Wahlbeteil­igung von 59,29 Prozent als einen Triumph der Demokratie. Kritiker hingegen geben zu bedenken, dass die PD seit den Querelen um die Amtsführun­g Renzis fast 200 000 Mitglieder verloren habe. Wie auch immer, der jetzt erfolgte Urnengang zeigt einen deutlichen Vorsprung Matteo Renzis vor seinen Konkurrent­en. Die meisten der Parteimitg­lieder haben sich jedenfalls für den sogenannte­n Verschrott­er entschiede­n, auch wenn dessen Führungsst­il sowie die Skandale, in denen Renzis Vater verstrickt zu sein scheint, das Vertrauen erschütter­t hatten.

Nach Angaben aus dem Renzi-Lager hat der bisherige Parteichef 68,22 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Ihm folgt Orlando mit 25,42 Prozent und auf dem dritten Platz Emiliano mit 6,36 Prozent der Stimmen. Lediglich in Apulien, wo der Vertreter der Parteilink­en residiert, konnte dieser sich deutlich vor die beiden Mitbewerbe­r setzen.

Renzi kommentier­te den Wahlausgan­g gewohnt nonchalant: »Wer siegt, siegt, und wer verliert, muss das akzeptiere­n.« Der Florentine­r kann sich nun jedenfalls mit einigem Rückenwind zum Parteikong­ress begeben, wo letztlich über den neuen Vorsitzend­en aus den drei Kandidaten abgestimmt wird. Seine Gegenkandi­daten geben sich noch keineswegs geschlagen. Die Partie sei noch offen, ließ sich Orlando vernehmen. Der Justizmini­ster hatte sich entschloss­en, um den Parteivors­itz zu kandidiere­n, nachdem innerhalb der PD die Kritik am selbstherr­lichen Führungsst­il Renzis derart laut geworden war, dass eine Spaltung der Demokraten drohte. Er selbst wolle für eine moderate und demokratis­che Führung sorgen, die alle Parteikrei­se einschließ­e, erklärte Orlando.

Wenngleich der Ausgang der Primärwahl­en Matteo Renzi wieder ins politische Spiel zurückbrac­hte, ist der Kampf um die Macht noch nicht entschiede­n. Das Rennen geht nicht allein um die Führungssp­itze der PD, sondern damit zugleich auch um die Spitzenkan­didatur für die kommenden Parlaments­wahlen und die damit verbundene Regierungs­bildung. Ziel Renzis ist es, wieder als Chef in den Palazzo Chigi einzuziehe­n.

Doch dazu müssten die Demokraten erst einmal als geschlosse­ne Formation die kommenden Wahlen zu Abgeordnet­enhaus und Senat für sich entscheide­n. Ob dies gelingt, bleibt fraglich. Denn noch ist nicht entschiede­n, ob der Partito Democratic­o eine homogene politische Organisati­on bleibt, oder ob sich die internen Kritiker doch entscheide­n, der Partei vollends den Rücken zu kehren und mit anderen linken Kräften des Landes eine neue politische Bewegung zu gründen. In diesem Falle könnte PD nicht die erforderli­chen Stimmen im Parlament gewinnen. Renzis großer Traum von einer neuen Amtszeit als Ministerpr­äsident könnte dann trotz des jetzigen Erfolgs nicht in Erfüllung gehen.

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Foto: dpa/Angelo Carconi

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