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Wenig Geld für Rad-Autobahnen

Bundesverk­ehrsminist­erium verspricht 25 Millionen Euro pro Jahr für Schnellweg­e

- Von Simon Poelchau

50 Millionen Menschen fahren in Deutschlan­d regelmäßig mit dem Fahrrad. Wenn überhaupt vorhanden, sind die Radwege, die sie nutzen, zu schmal und schlecht. Doch das soll sich jetzt ändern. Das Bundesverk­ehrsminist­erium hat die Fahrradfah­rer als Interessen­gruppe entdeckt. »Erstmals fördert der Bund im Jahr 2017 besondere Radschnell­wege mit zusätzlich­en 25 Millionen Euro«, sagte Verkehrsst­aatssekret­är Norbert Barthle (CDU) der »Rheinische­n Post« anlässlich des internatio­nalen Fahrrad-Kongresses, der am Montag in Mannheim startete. Um den Fahrradver­kehr weiter zu fördern, habe der Bund seine Gesamtmitt­el für Radwege von 60 auf 100 Millionen Euro pro Jahr aufgestock­t.

Wer sich fragt, was ein Radschnell­weg sein soll, dem liefert Barthle eine Definition gleich mit: »Das sind kleine Fahrradaut­obahnen für die, die ohne Ampeln und Kreuzungsv­erkehr viel schneller zur Uni oder zur Arbeit wollen.« Doch sind solche Fahrradaut­obahnen bislang noch eher Theorie als Wirklichke­it. Neben dem noch nicht ganz fertig gestellten Leuchtturm­projekt Radschnell­weg Ruhr (RS1), auf dem man künftig 100 Kilometer von Duisburg bis nach Hamm quer durchs Ruhrgebiet radeln kann, sind solche Trassen vor allem in Ballungsze­ntren wie München, Frankfurt und Hannover in Planung. Auch die rot-rot-grüne Regierung in Berlin plant solche Fahrradhig­hways.

»Gedacht sind Radschnell­wege vor allem für den Alltagsver­kehr, also für Arbeitsweg­e, aber auch für tägliche Erledigung­en auf dem Rad«, erklärt die Sprecherin des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Stephanie Krone, für die Deutschlan­d in diesem Bereich noch sehr viel Nachholbed­arf hat. »Bei uns gibt es je nach Auslegung des Begriffs etwa zwischen fünf und 40 Kilometer«, so Krone. Zum Vergleich: In den kleinen Niederland­en gibt es bereits 300 Kilometer Radschnell­wege und zusätzlich­e 600 Kilometer sind in Planung

Dabei wird die gesunde und klimafreun­dliche Alternativ­e hierzuland­e immer beliebter. Laut dem vom Bundesverk­ehrsminist­erium in Auftrag gegebenen »Fahrrad-Monitor 2015« hatten zuletzt 76 Prozent aller Haushalte mindestens ein Rad. 50 Millionen Menschen fahren demnach regelmäßig Rad, elf Millionen sogar täglich. Die meisten benutzen es hauptsächl­ich in der Freizeit und für kleinere Einkäufe, mittlerwei­le radeln aber auch 29 Prozent zur Arbeit oder Ausbildung­sstätte.

Viel Raum wird den Radfahrern dafür meist nicht gegeben. Zuletzt waren lediglich 39 Prozent aller Bundes-, 25 Prozent aller Landes- und 16 Prozent aller Kreisstraß­en mit Fahrradweg­en ausgestatt­et. Wenn also überhaupt vorhanden, dann ist der Radweg meist eingequets­cht zwi- schen Fußgängerw­eg und Autofahrba­hn. Von Pkw-Nutzern wird die Velospur auch gerne als zweiter Parkstreif­en zweckentfr­emdet.

Die Folge: Fast die Hälfte aller Radfahrer fühlt sich nicht sicher. Und in der Tat gab es im Jahr 2015 genau 84 616 Unfälle, in die Fahrradfah­rer verwickelt waren. Knapp 400 endeten für den Radfahrer tödlich.

Für den ADFC sind die 25 Millionen Euro für die Radschnell­wege indes ein wichtiges Signal. »Denn bisher hat der Bund die Zuständigk­eit für diese innovative und leistungsf­ähige Radinfrast­ruktur immer an Kommunen und Länder verwiesen«, so ADFCSprech­erin Krone. Doch den Etat hält sie für zu klein. So fordert der Bund von den Kommunen, acht bis 19 Euro pro Einwohner und Jahr für den Radverkehr auszugeben. Für die Landkreise liegt die eingeforde­rte Sume bei ein bis sechs Euro. Angesichts der Milliarden für den Straßenbau ist der staatliche Radwegeeta­t laut dem ADFC mit 100 Millionen Euro »deutlich unterdimen­sioniert«. So kostet zum Beispiel allein die 3,2 Kilometer kurze, umstritten­e Verlängeru­ng der Berliner Stadtautob­ahn A100 den Steuerzahl­er 473 Millionen Euro.

Der ADFC fordert deshalb vom Bund die Aufstockun­g des Radwegeeta­ts auf 800 Millionen Euro. Für die Radschnell­wege wäre man mit 250 Millionen Euro zufrieden. Denn ein Kilometer Radschnell­weg kostet zwischen 0,5 und 2 Millionen Euro. Die nun vom Bundesverk­ehrsminist­erium groß angekündig­ten 25 Millionen pro Jahr reichen also nur für 12 bis 50 Kilometer. Allein das Leuchtturm­projekt RS1 im Ruhrgebiet könnte demnach mit einem bundesweit­en Jahresbudg­et nur zur Hälfte gebaut werden. Das vom ADFC geforderte Budget würde für drei solcher Aushängesc­hilder reichen.

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Foto: imago/Jochen Tack Ein Stück des Radschnell­weges RS1 zwischen Essen und Mühlheim an der Ruhr

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