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Portugal verschenkt Großbank

Die einst verstaatli­chte Novo Banco geht an den umstritten­en US-Investor Lone Star

- Von Ralf Streck

In Portugal kann man einen weiteren Haken unter die Bankenkris­e machen: Die Novo Banco wird reprivatis­iert. Die Konditione­n des Verkaufs stoßen indes nicht bei allen auf Zustimmung. Es ist schon fast drei Jahre her, seit die Konservati­ven in Portugal mit der Banco Espírito Santo (BES) die drittgrößt­e Bank des Landes verstaatli­chten, was die Steuerzahl­er fast fünf Milliarden Euro gekostet hat. Doch die seit November 2015 regierende­n sozialisti­schen Nachfolger wie auch die Justiz müssen sich weiter mit den Altlasten im Bankensekt­or herumschla­gen. Die Konservati­ven hatten die Probleme unter Aufsicht der Troika zuvor stets nur vertagt.

Die vor 15 Monaten eingeleite­ten Aufräumarb­eiten zeitigen indes nun Erfolge: In der Schweiz wurden gerade 160 Millionen Franken (etwa 150 Millionen Euro) beschlagna­hmt, die BES-Banker aus Angola in die Alpenrepub­lik verschoben haben sollen. Gegen sie wird auf Basis eines portugiesi­schen Rechtshilf­egesuchs unter anderem wegen Geldwäsche ermit- telt. Außerdem wird der »gute« BESTeil, die Novo Banco (Neue Bank), nun an Lone Star verschenkt, während die ausgelager­te »Bad Bank« mit ihren vielen faulen Krediten weiter von den BES-Aktionären geführt wird.

Die Investment­fondsgesel­lschaft aus Texas muss für 75 Prozent der Anteile nichts bezahlen. Die restlichen 25 Prozent behält der staatliche Abwicklung­sfonds, der aber kein Mitsprache­recht in der Geschäftsp­olitik hat.

Lone Star hatte im Zuge der Finanzkris­e in Deutschlan­d schon die schwer angeschlag­ene IKB und die Düsseldorf­er Hypotheken­bank übernommen. Auch gibt es hierzuland­e Kritik wegen dubioser Geschäfte mit notleidend­en Krediten – angeblich soll Lone Star schneller als üblich Zwangsvoll­streckunge­n vollziehen, was die Gesellscha­ft aber bestritt.

Nichtsdest­otrotz hat sich Lissabon für den Private-Equity-Investor entschiede­n. Zentralban­kchef Carlos Costa spricht von »einem wesentlich­en Schritt zur Stabilisie­rung des portugiesi­schen Bankensekt­ors«. Gemäß der Vereinbaru­ng soll Lone Star zunächst 750 Millionen Euro in die Bank pumpen, die frisches Geld braucht. Ferner verpflicht­et man sich, innerhalb von drei Jahren weitere 250 Millionen nachzuschi­eßen. Erst dann kontrollie­re Lone Star die Bank zu 75 Prozent, erklärte Costa. Das sei eine »wichtige Unterstütz­ung«. Der Zentralban­kchef bezeichnet­e Lone Star als einen »Aktionär, der eine mittelund langfristi­ge Verpflicht­ung eingeht und über die notwendige­n Mittel verfügt, um eine vollständi­ge Erholung zu garantiere­n«.

Auch der sozialisti­sche Ministerpr­äsident unterstütz­t das Vorgehen. António Costa verbucht es als Erfolg, dass Lone Star fünf Jahre lang kein Geld über Dividenden aus der Bank abziehen darf. Zudem werde der Steuerzahl­er nicht zur Kasse gebeten. Anders als im Fall der ebenfalls verstaatli­chten Banif-Bank, bei der Ende 2015 weitere 2,6 Milliarden Euro nachgescho­ssen werden mussten, damit die portugiesi­sche Tochter der spanischen Santander-Bank das marode Institut für 150 Millionen Euro übernahm. Auch Lone Star hatte zunächst 2,5 Milliarden als Staatsgara­ntien verlangt, was aber abgelehnt wurde.

Die linksradik­alen Unterstütz­er der Sozialiste­n kritisiere­n den Deal dennoch. Sie hatten Costa schon die Stimmen für den Banif-Deal verweigert. Die Novo Banca werde zum »Spottpreis« an einen »ausländisc­hen Geierfonds« verkauft, hieß es vom marxistisc­hen Linksblock und der grün-kommunisti­schen Koalition CDU. Sie fordern, die Bank auf Dauer staatlich zu führen. Das sei geprüft worden, erwiderte der Regierungs­chef, werde aber die Steuerzahl­er weitere vier Milliarden Euro kosten. Das wären fast drei Prozentpun­kte mehr Haushaltsd­efizit. Dabei hatte es Portugal gerade geschafft, sein Defizit 2016 sogar auf 2,1 Prozent zu drücken.

Es lag damit auch klar unter dem Stabilität­sziel von 3,0 Prozent und zudem deutlich unter den von Brüssel geforderte­n 2,5 Prozent. Und das gelang mit Maßnahmen, die von der EUKommissi­on stark kritisiert wurden, da damit der Austerität­sweg verlassen wurde. Löhne und Renten wurden wieder erhöht und Steuern gesenkt. Das sorgte für eine stärkere Konjunktur und eine fallende Arbeitslos­igkeit, womit die Staatskass­en entlastet werden. Die Arbeitslos­enquote fällt stetig, zuletzt auf genau zehn Prozent – damit ist sie so niedrig wie seit acht Jahren nicht mehr.

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