Kostenlose Tage sind gezählt
Jahrelang konnten Bankkunden immer ein Geldinstitut finden, das kostenlose Girokonten anbot und auch sonst kaum Gebühren nahm. Inzwischen zahlen Verbraucher selbst fürs Abheben. »Das Ende der Umsonst-Kultur« – mit dieser lapidaren Aussage stimmte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret am Montag in der Tageszeitung »Die Welt« bundesdeutsche Bankkunden auf weitere anstehende Gebühren ein. Niedrigzinsen und Bankenregulierung seien schuld daran, dass auch Kleinsparer für immer mehr Dienstleistungen ihrer Geldhäuser bezahlen müssen.
Die Entwicklung hatte sich bereits in den vergangenen Monaten angedeutet und dürfte sich laut Dombret fortsetzen: Wer etwa ein reines Online-Konto bei der Berliner Sparkasse besitzt, zahlt nicht nur drei Euro im Monat für das Konto selbst, sondern seit Anfang 2017 auch 8,50 Euro im Jahr für die Bereitstellung einer EC-Karte. Zudem kosten jeder am Kontoauszugsdrucker gezogene Auszug, jede Überweisung oder Auszahlung am Schalter zwei Euro. Wer dem entgehen will, muss eines der anderen Girokontenmodelle wählen. Beim »Giro Pauschal« für sieben Euro im Monat etwa sind alle Leistungen inklusive.
Selbst Auszahlungen am Sparkassen-Geldautomaten kosten teilweise Gebühren: beim Modell »Giro Individual« zum Beispiel 0,30 Euro pro Abhebung. Und das Modell macht Schule: Laut einem Bericht der »Bild« nehmen inzwischen 150 der 1000 Volks- und Raiffeisenbanken sowie 40 der rund 400 Sparkassen in Deutschland Gebühren fürs Geldabheben an eigenen Automaten. Mit unterschiedlichen Modellen und zu sehr verschiedenen Konditionen. Teilweise kostet bereits die erste Abhebung Geld, teilweise sind einige pro Monat in der Kontogebühr beinhaltet. Bis zu einem Euro nehmen die Geldinstitute pro Abhebung.
Beim Finanzportal biallo.de, das die Gebühren verglichen hat, kann man eine Liste der Sparkassen einsehen, die Geld fürs Abheben des eigenen Geldes verlangen. Darunter befinden sich die Sparkassen Hanau, Höxter, Bayreuth, Bad Honnef, Heidelberg, Rothenburg, Niederbayern Mitte, Passau, Westholstein, Oberlausitz-Niederschlesien, Elbe-Elster, Vorpommern, die Harzsparkasse sowie die Kreissparkassen Kelheim, Anhalt-Bitterfeld und Verden.
Auch an anderer Stelle geben einige Banken die derzeitigen Nullzinsen der Europäischen Zentralbank an die Kunden weiter. So verlangt inzwischen die Sparkasse Köln-Bonn Strafzinsen von Kunden mit besonders hohen Einlagen, auch die Sparkasse Hamburg plant einen solchen Schritt. Für Geldeingänge sogar ab dem ersten Euro zahlen Tagesgeldkunden bei der Volksbank Niederschlesien. Das Kontomodell kostet fünf Euro im Monat – bei gerade mal 0,01 Prozent Zinsen. Am Ende des Jahres hat der Kunde also von 1000 Euro nur noch 940,10 Euro. Andere Banken könnten nachziehen.
Ob die Kunden das auf Dauer akzeptieren, ist noch fraglich. Bundesbank-Vorstand Dombret meint, dass sich nur attraktive Produkte auf Dauer am Markt behaupten können. Doch Alternativen für Verbraucher gibt es kaum. Wer sein Geld nicht unter der heimischen Matratze lagern oder in Immobilien anlegen will, braucht ein Konto, zumal alltägliche Dinge wie Lohnauszahlungen oder Mietüberweisungen ohne Girokonto praktisch unmöglich zu bewerkstelligen sind. Ein Wechsel der Bank ist zwar grundsätzlich immer möglich – durch das EU-Zahlungskontengesetz sogar kundenfreundlicher als vorher –, doch die kostenlosen Tage sind wohl bald bei allen gezählt.