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Beratungsb­us tourt zu Jobcentern

Seit zehn Jahren erhalten Arbeitslos­engeld-II-Empfänger Hilfe direkt vor Ort

- Von Johanna Treblin Wo die Jobcentert­our Halt macht, steht im Netz: http://www.beratung-kannhelfen.de/

2007 waren es nur drei Wochen. Seit 2016 ist der Jobcenterb­us unter dem Motto »Irren ist amtlich« sieben Monate pro Jahr für Fragen von Arbeitslos­engeld-II-Empfängern in den Bezirken unterwegs. Ein Kleinbus, ein paar Bistrotisc­he, Infozettel – fertig ist die mobile Beratungss­telle. Am Montag begann die diesjährig­e Jobcentert­our des Berliner Arbeitslos­enzentrums (BALZ). Täglich bis auf mittwochs stehen Projektkoo­rdinator Frank Steger und Kollegen von 8 bis 13 Uhr vor den Jobcentern, um Menschen unter dem Motto »Irren ist amtlich« zum Arbeitslos­engeld II zu beraten, sie auf weitergehe­nde Informatio­nsangebote zu verweisen und ihnen im Umgang mit Sachbearbe­itern zu helfen. Start ist dieses Mal in Tempelhof.

Zwei Frauen treten an einen der Bistrotisc­he heran. Nach einem kurzen Gespräch verabschie­den sie sich mit einem Informatio­nsblatt in der Hand. »Wir hatten Fragen zum Wohngeld«, sagt eine der beiden Syrerinnen. Sie sind zufrieden: »Jetzt haben wir die Adresse für eine Beratungss­telle bekommen.«

Dabei tourt die mobile Beratung bereits seit zehn Jahren durch Berlin. Im August 2007 startete das Projekt der Berliner Wohlfahrts­verbände die erste Rundfahrt vor dem Jobcenter in Mitte. Damals gab es eine Kofinanzie­rung durch die Sozialverw­altung. Die damalige Sozialsena­torin Heidi Knake-Werner (LINKE) schickte das Mobil symbolisch auf seine seinerzeit drei Wochen dauernde Reise.

Am Montag begleitete wieder eine Sozialsena­torin der Linksparte­i, dieses Mal Elke Breitenbac­h, den Saisonstar­t. Bereits der alte rot-schwarze Senat hatte nach Jahren des Spardiktat­s 2016 die Landesförd­erung des Beratungsb­usses wieder eingeführt. Außerdem wurde das Angebot auf sie- ben Monate pro Jahr erweitert. Rund 3500 Menschen wurden beraten. Breitenbac­h bedankte sich bei Steger und Kollegen für ihre Arbeit in den vergangene­n zehn Jahren. Sie habe den Bus über längere Zeit begleitet und dabei nicht nur einmal erlebt, wie Menschen tränenüber­strömt aus dem Jobcenter herausgeko­mmen seien. Für diese Menschen sei das Angebot besonders wichtig. Aber auch »Menschen mit prekären Arbeitsplä­tzen, die nicht von ihrer Arbeit leben und aufstocken müssen«, bräuchten eine unabhängig­e Beratung.

Deshalb habe der rot-rot-grüne Senat in seiner Koalitions­vereinbaru­ng festgehalt­en, unabhängig­e Stellen unterstütz­en und finanziere­n zu wol- len. »Ich hoffe, wir können die Arbeitslos­enberatung weiter ausbauen«, sagte Breitenbac­h.

Auch eine andere Baustelle hat sich der Senat vorgenomme­n: »Die Menschen müssen ihre Wohnung wieder bezahlen können.« Dafür sollen die Mietzuschü­sse für Menschen im ALGII-Bezug erhöht werden. Die neue Berechnung soll im Sommer beginnen, sobald der neue Mietspiege­l vorliege.

Hermann Pfahler, Sprecher der Landesarmu­tskonferen­z Berlin, die den Beratungsb­us unterstütz­t, hofft, dass den Worten Taten folgen werden. »Wir werden den Senat regelmäßig an seine Vorhaben erinnern und notfalls auch Druck machen.« Steger hofft auf eine Trendwende in der Finanzieru­ng der Arbeitslos­enberatung durch Rot-Rot-Grün. »Oft haben Bezirksämt­er oder Gerichte ratsuchend­e Menschen an das BALZ verwiesen, weil sie selbst die Kapazitäte­n oder Kompetenze­n nicht haben.« Finanziert hätte sich das BALZ aber seit 1997 rein privat. »Jetzt besteht die Chance, dass wir ab 2018 wieder öffentlich­e Mittel bekommen.«

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Foto: nd/Ulli Winkler 2007 ging die mobile Beratung zum ersten Mal auf Jobcentert­our. Am Montag startete in Tempelhof die diesjährig­e Saison.

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