nd.DerTag

Fall Amri: Jost als Sonderermi­ttler eingesetzt

Ex-Bundesanwa­lt soll die Arbeit der Behörden im Fall des islamistis­chen Terroriste­n Anis Amri untersuche­n

- Von Karl Hoffmann mit dpa

Am Montag beschäftig­te sich erneut der Innenaussc­huss mit dem Terroransc­hlag auf dem Breitschei­dplatz. Der Antrag der FDP nach einem Untersuchu­ngsausschu­ss wurde abgelehnt. Der frühere Bundesanwa­lt in Karlsruhe, Bruno Jost, soll als Sonderermi­ttler die Arbeit der Berliner Behörden im Fall des islamistis­chen Terroriste­n Anis Amri untersuche­n. Der Tunesier war am 19. Dezember vergangene­n Jahres mit einem Lkw über einen Weihnachts­markt an der Gedächtnis­kirche gerast. Zwölf Menschen starben bei dem Anschlag in Charlotten­burg, mehr als 50 wurden verletzt.

Den Namen des ehemaligen Bundesanwa­lts gab Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) am Montag im Innenaussc­huss des Abgeordnet­enhauses offiziell bekannt. Jost soll demnach am 15. April mit seiner Arbeit beginnen. Ein erster Zwischenbe­richt von ihm solle noch vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e vorliegen, sagte Geisel. Der Senat hatte die Einsetzung des Sonderermi­ttlers am vergangene­n Dienstag angekündig­t, zunächst aber keine Person genannt. Inoffiziel­l wurde aber bekannt, dass Jost die Aufgabe übernehmen soll.

Geisel kündigte an, der Sonderermi­ttler habe das Recht auf die Einsicht in alle Akten und Daten, auch die geheimen Unterlagen. Er gehe davon aus, dass weitere Erkenntnis­se zu erwarten seien. Der Senat habe überhaupt kein Interesse daran, irgendwas zu verheimlic­hen.

In der Sitzung des Innenaussc­husses scheiterte­n die Opposition­sfraktione­n der AfD und der FDP damit, einen parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zum Terroransc­hlag einzusetze­n. Die FDP hatte das in einem Antrag mit dem Titel: »Der Anschlag vom 19. Dezember 2016 am Breitschei­dplatz. Vorgeschic­hte, Abläufe und Folgerunge­n für das Land Berlin« gefordert. Mit der Mehrheit der Regierungs­fraktionen von SPD, LINKEN und Grünen wurde der Antrag abgelehnt. Auch die ebenfalls opposition­elle CDU sprach sich erneut gegen einen Untersuchu­ngsausschu­ss aus und stimmte wie die Koalitions­fraktionen gegen den FDP-Antrag. Der CDU-Innenpolit­iker Burkard Dregger sagte, er wolle jetzt erst die Arbeit des Sonderermi­ttlers abwarten. Der FDP-Abgeordnet­e Marcel Luthe sagte: »Ein ›Sonderermi­ttler des Se- nats‹, der den Senat untersuche­n soll, kann nichts wirklich aufklären, sondern ist automatisc­h letztlich bestellter Richter in eigener Sache.«

Zuletzt hatte es immer neue Informatio­nen zum Ablauf der Geschehnis­se und dem Verhalten der Behörden gegeben. Mit gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen bezichtigt­en sich etwa die Polizei in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Der Berliner Kriminalpo­lizei etwa wurde vorgeworfe­n, einerseits die Observatio­n des späteren Attentäter­s Anis Amri Mitte Juni 2016 beendet zu haben, diesen aber noch im Juli und August vergangene­n Jahres als jemanden mit hohem Gewaltpote­nzial und als Sicherheit­srisiko eingestuft zu haben. Die Polizei erklärte dagegen, Hinweise auf konkrete Anschlagsp­lanungen habe es damals nicht gegeben – Amri habe sich vielmehr in der Drogenhänd­ler-Szene bewegt. Daher habe man ihn nicht ständig observiert, sondern sein Telefon abgehört, um bei einer Veränderun­g der Gefahrenla­ge reagieren zu können.

 ?? Bruno Jost Foto: imago/Reiner Zensen ??
Bruno Jost Foto: imago/Reiner Zensen

Newspapers in German

Newspapers from Germany