Klartext zur Bremer Polizeistatistik
Innensenator fordert alle Ressorts zum Handeln auf
Üblicherweise ist die Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) ein etwas heikler Termin. Denn in der Hansestadt sind nicht nur die Armuts- und Arbeitslosenquoten außergewöhnlich hoch, sondern auch die Einsatzzahlen der Polizisten. Auch im vergangenen Jahr ist die Gesamtzahl der registrierten Straftaten im Bundesland Bremen, also den Städten Bremen und Bremerhaven, gestiegen. Und zwar um etwa 700 auf rund 91 900 – bei einer nur leicht gestiegenen Aufklärungsquote von 48,4 Prozent.
Trotzdem traten dieser Tage Mäurer und seine Mannen – der Polizeipräsident Lutz Müller, der Leiter des Landeskriminalamtes, Daniel Heinke sowie der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven Harry Götze – mit breiter Brust vor die Presse: Sie verkündeten das Ende der Diskretion in Form rein quantitativer Statistik. Im Bereich der jugendlichen und heranwachsenden Straftäter beließen sie es nicht mehr nur bei Zahlen, sondern unterschieden auch nach Personen mit und ohne deutschen Pass.
Die von Mäurer vorgelegten Daten bergen gesellschaftlichen Sprengstoff: Denn in der Gruppe ohne deutschen Pass, in der Kriminalitätsstatistik als Ausländer bezeichnet, sei im vergangenen Jahr jeder Vierte mindestens einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Unter den jungen Leuten mit deutschem Pass in dieser Altersgruppe sei es nicht einmal jeder Zehnte gewesen.
Die Tatsache, dass jeder vierte Ausländer unter 21 mindestens einmal von der Polizei als Tatverdächtiger ausgemacht wurde, treibt den Bremer SPD-Innensenator zu einem ungewöhnlichen Schritt. Er deutet mit dem Finger auf andere: Es sei weder Aufgabe der Bremer Polizei noch habe diese die Möglichkeiten, dieses erschreckende gesellschaftliche Phänomen gravierend zum Positiven zu verändern. Hier seien alle Ressorts gefragt, ginge es doch um Armutsbekämpfung und um Eröffnung von Chancen in der Bildung, im Beruf und auch was Bleibeperspektiven betrifft.
Damit ist besonders die grüne Anja Stahmann gefragt, steht sie doch einem Riesen-Ressort vor, das die Grünen nach der Bürgerschaftswahl 2015 dem Senior-Koalitionspartner SPD abgerungen hatten. Stahmann ist Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. Beim Gerangel nach der knappen Wahl kam als Kompromiss auch heraus, dass die Bereiche Kinder und Bildung als Ressort an die SPD-Frau Claudia Bogedan gingen. An ihre Adresse ist Mäurers dringender Appell also gleichfalls gerichtet.
Innensenator und LKA-Chef sehen in ihrer Offenheit über junge Ausländer in der Kriminalitätsstatistik keine Gefahr, damit Populismus und Fremdenfeindlichkeit zu fördern. Im Gegenteil, erläuterte Heinke: Beiden werde das Wasser abgegraben, sollte es gelingen, mit gezielten Förder- und Unterstützungsmaßnahmen die Kriminalitätszahlen zu senken.