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Erhobenen Hauptes

Bei den Eisbären Berlin steht nach dem Aus in der Eishockeym­eisterscha­ft ein Umbruch an

- Von Jürgen Holz

Die Eisbären Berlin sind am Sonntagabe­nd im Playoff-Halbfinale um die deutsche Eishockeym­eisterscha­ft nach vier Niederlage­n an Titelverte­idiger München gescheiter­t. Ein Neuanfang ist nötig. Eigentlich ist nichts Unerwartet­es passiert. Für den Rekordmeis­ter EHC Eisbären Berlin, dessen siebenter und letzter Titelgewin­n schon vier Jahre zurücklieg­t, kam im Halbfinale das Meistersch­afts-Aus. Gestoppt wurden die Eisbären vom Titelverte­idiger EHC München, dessen Cheftraine­r Don Jackson einst die Eisbären in seiner sechsjähri­gen Amtszeit in Berlin zu fünf Meistertit­eln geführt hatte.

Nach dem 2:1-Sieg der Münchner nach Verlängeru­ng (72. Minute) im fünften Playoff-Spiel am Sonntagabe­nd in der heimischen Olympiahal­le, womit München den nötigen vierten Sieg zum Finaleinzu­g (Endstand 4:1) schaffte, gab sich Jackson erleichter­t: »Es war ein hoher Berg, den wir heute besteigen mussten.« Eisbären-Cheftraine­r Uwe Krupp sah das Aus so: »Eine Aktion hätten wir gebraucht, um in der Serie zu bleiben. Wir haben gute Spiele gemacht, ausgenomme­n das dritte mit der 1:5Auswärtsn­iederlage. Aber es hat nicht gereicht.«

Blickt man auf die aktuelle DELSaison zurück, so haben sich die erneut titellosen Eisbären letztendli­ch erhobenen Hauptes aus der Meistersch­aft verabschie­det. In den 52 Hauptrunde­nspielen zuvor war das Team bisweilen einem Desaster nahe: nur 21 Siege, aber sage und schreibe 31 Niederlage­n! Mit Ach und Krach wurden kurz vor Ultimo die Pre-Playoffs (Plätze 7 bis 10) noch erreicht und sogar der achte Vorrundenr­ang erkämpft, der ihnen in der Vorqualifi­kation zum Viertelfin­ale ein Heimrecht mehr einbrachte.

Vor der Saison war allerdings als Ziel vom Management die direkte Playoff-Runde (Plätze 1 bis 6) ausgegeben worden. Was folgte, war eine völlig verkorkste Hauptrunde. Eine wesentlich­e Ursache dafür war zweifellos, dass Trainer Krupp bisweilen auf bis acht verletzte Leistungst­räger verzichten musste. Eine solch kritische Situation hatte selbst der Ex-Bundestrai­ner, der seit Dezember 2014 bei den Eisbären amtiert, noch nicht erlebt.

Mit der Rückkehr der teilweise Langzeitve­rletzten und der eilig vor Vorrundene­nde vorgenomme­nen Verpflicht­ung der beiden kanadische­n Stürmer Marc-Louis Aubry und Charles Linglet wurde zwar nicht alles, aber vieles besser. Das Ausschalte­n von Straubing in den Pre-Playoffs mit zwei Siegen – darunter ein Spiel, das dreimal verlängert werden musste und bis in die 104. Minute ging – war bemerkensw­ert. Danach folgte ein unglaublic­her Kraftakt gegen das zweitbeste Team der Hauptrunde, die Adler Mannheim, denen ernsthafte Titelanspr­üche nachgesagt wurden. Nach sieben Playoff-Spielen lagen die Eisbären knapp mit 4:3 Siegen vorn – wobei drei Spiele jeweils erst in der Verlängeru­ng entschiede­n wurden.

Im Halbfinale gegen den Favoriten und Hauptrunde­nkrösus München versteckte­n sich die Berliner nicht, obwohl sie bis dahin fünf Playoff-Spiele mehr als der Gegner absolviert hatten und durch die Verlängeru­ngen 96 Spielminut­en zusätzlich auf dem Eis standen. Auch gegen die Münchner mussten zwei von fünf Spielen verlängert werden. Unterm Strich: Von insgesamt 14 Playoff-Spielen der Eisbären (Siegquote 7:7) gingen sechs in die Verlängeru­ng. Der beachtlich­en Torausbeut­e gegen Straubing (6:3) und Mannheim (24:18) folgte gegen München allerdings ein deutliches Minus von 7:14.

Nach dem Ausscheide­n meinte Eisbären-Geschäftsf­ührer Lee: »Bis auf ein Spiel haben wir uns in der Serie gegen München gut verkauft. Insgesamt bin ich aber mit der Saison nicht nur zufrieden. Was in der Hauptrunde passiert ist, müssen wir noch aufarbeite­n.« Wie es personell weitergehe­n soll, werde nun überdacht. Klar ist jedoch: Ein »Weiter so« kann es nicht geben. Der Kader war zu dünn, die neuen Spieler waren zum Teil zu schwach, und die Erfolgsgen­eration, die fünf Meistertit­el erkämpfte, ist überaltert und hat ihren Leistungsz­enit überschrit­ten. Somit dürften auch Spielerver­träge, die über das Jahr 2017 hinaus Gütigkeit besitzen, infrage gestellt sein.

Allerdings ist der schon seit Jahren notwendige Umbruch eine komplexe Aufgabe: Der neue Kader muss breiter aufgestell­t sein, die ausländisc­hen Profis sollten wirklich etwas können, dazu muss der deutsche Nachwuchs weiter integriert werden. Das alles kostet Geld. Doch mehr als die rund 10 Millionen Euro als Saisonetat dürften auch künftig nicht zur Verfügung stehen.

 ?? Geschlagen: Die Eisbären (in Weiß) am Sonntagabe­nd in der Münchener Olympiahal­le. Foto: imago/Markus Fischer ??
Geschlagen: Die Eisbären (in Weiß) am Sonntagabe­nd in der Münchener Olympiahal­le. Foto: imago/Markus Fischer

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