Erhobenen Hauptes
Bei den Eisbären Berlin steht nach dem Aus in der Eishockeymeisterschaft ein Umbruch an
Die Eisbären Berlin sind am Sonntagabend im Playoff-Halbfinale um die deutsche Eishockeymeisterschaft nach vier Niederlagen an Titelverteidiger München gescheitert. Ein Neuanfang ist nötig. Eigentlich ist nichts Unerwartetes passiert. Für den Rekordmeister EHC Eisbären Berlin, dessen siebenter und letzter Titelgewinn schon vier Jahre zurückliegt, kam im Halbfinale das Meisterschafts-Aus. Gestoppt wurden die Eisbären vom Titelverteidiger EHC München, dessen Cheftrainer Don Jackson einst die Eisbären in seiner sechsjährigen Amtszeit in Berlin zu fünf Meistertiteln geführt hatte.
Nach dem 2:1-Sieg der Münchner nach Verlängerung (72. Minute) im fünften Playoff-Spiel am Sonntagabend in der heimischen Olympiahalle, womit München den nötigen vierten Sieg zum Finaleinzug (Endstand 4:1) schaffte, gab sich Jackson erleichtert: »Es war ein hoher Berg, den wir heute besteigen mussten.« Eisbären-Cheftrainer Uwe Krupp sah das Aus so: »Eine Aktion hätten wir gebraucht, um in der Serie zu bleiben. Wir haben gute Spiele gemacht, ausgenommen das dritte mit der 1:5Auswärtsniederlage. Aber es hat nicht gereicht.«
Blickt man auf die aktuelle DELSaison zurück, so haben sich die erneut titellosen Eisbären letztendlich erhobenen Hauptes aus der Meisterschaft verabschiedet. In den 52 Hauptrundenspielen zuvor war das Team bisweilen einem Desaster nahe: nur 21 Siege, aber sage und schreibe 31 Niederlagen! Mit Ach und Krach wurden kurz vor Ultimo die Pre-Playoffs (Plätze 7 bis 10) noch erreicht und sogar der achte Vorrundenrang erkämpft, der ihnen in der Vorqualifikation zum Viertelfinale ein Heimrecht mehr einbrachte.
Vor der Saison war allerdings als Ziel vom Management die direkte Playoff-Runde (Plätze 1 bis 6) ausgegeben worden. Was folgte, war eine völlig verkorkste Hauptrunde. Eine wesentliche Ursache dafür war zweifellos, dass Trainer Krupp bisweilen auf bis acht verletzte Leistungsträger verzichten musste. Eine solch kritische Situation hatte selbst der Ex-Bundestrainer, der seit Dezember 2014 bei den Eisbären amtiert, noch nicht erlebt.
Mit der Rückkehr der teilweise Langzeitverletzten und der eilig vor Vorrundenende vorgenommenen Verpflichtung der beiden kanadischen Stürmer Marc-Louis Aubry und Charles Linglet wurde zwar nicht alles, aber vieles besser. Das Ausschalten von Straubing in den Pre-Playoffs mit zwei Siegen – darunter ein Spiel, das dreimal verlängert werden musste und bis in die 104. Minute ging – war bemerkenswert. Danach folgte ein unglaublicher Kraftakt gegen das zweitbeste Team der Hauptrunde, die Adler Mannheim, denen ernsthafte Titelansprüche nachgesagt wurden. Nach sieben Playoff-Spielen lagen die Eisbären knapp mit 4:3 Siegen vorn – wobei drei Spiele jeweils erst in der Verlängerung entschieden wurden.
Im Halbfinale gegen den Favoriten und Hauptrundenkrösus München versteckten sich die Berliner nicht, obwohl sie bis dahin fünf Playoff-Spiele mehr als der Gegner absolviert hatten und durch die Verlängerungen 96 Spielminuten zusätzlich auf dem Eis standen. Auch gegen die Münchner mussten zwei von fünf Spielen verlängert werden. Unterm Strich: Von insgesamt 14 Playoff-Spielen der Eisbären (Siegquote 7:7) gingen sechs in die Verlängerung. Der beachtlichen Torausbeute gegen Straubing (6:3) und Mannheim (24:18) folgte gegen München allerdings ein deutliches Minus von 7:14.
Nach dem Ausscheiden meinte Eisbären-Geschäftsführer Lee: »Bis auf ein Spiel haben wir uns in der Serie gegen München gut verkauft. Insgesamt bin ich aber mit der Saison nicht nur zufrieden. Was in der Hauptrunde passiert ist, müssen wir noch aufarbeiten.« Wie es personell weitergehen soll, werde nun überdacht. Klar ist jedoch: Ein »Weiter so« kann es nicht geben. Der Kader war zu dünn, die neuen Spieler waren zum Teil zu schwach, und die Erfolgsgeneration, die fünf Meistertitel erkämpfte, ist überaltert und hat ihren Leistungszenit überschritten. Somit dürften auch Spielerverträge, die über das Jahr 2017 hinaus Gütigkeit besitzen, infrage gestellt sein.
Allerdings ist der schon seit Jahren notwendige Umbruch eine komplexe Aufgabe: Der neue Kader muss breiter aufgestellt sein, die ausländischen Profis sollten wirklich etwas können, dazu muss der deutsche Nachwuchs weiter integriert werden. Das alles kostet Geld. Doch mehr als die rund 10 Millionen Euro als Saisonetat dürften auch künftig nicht zur Verfügung stehen.