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Vorhersehb­are Katastroph­e

Rettungskr­äfte suchen weiter nach Überlebend­en nach Schlammlaw­ine in Kolumbien

- Von Lissy de Abreu, Mocoa AFP/nd

Die Kraft der gewaltigen Wasserund Schlammmas­sen, die die kolumbiani­sche Stadt Mocoa zerstört haben, war enorm. Bisher wurden 254 Todesopfer geborgen. Nach der verheerend­en Schlammlaw­ine in Mocoa haben Behörden und Einwohner mit der Bewältigun­g der Katastroph­e begonnen. Präsident Juan Manuel Santos überwachte am Sonntag die Aufräumarb­eiten, Gesundheit­sexperten wurden in die Stadt entsandt. Rettungskr­äfte suchten unterdesse­n weiter unter Schlamm und Geröll nach Lebenszeic­hen. Einwohner der Kleinstadt sagten, die Katastroph­e sei vorhersehb­ar gewesen.

Nach Angaben von Präsident Santos wurden bis Sonntag 254 Tote geborgen, unter ihnen 43 Kinder. Mindestens 203 Menschen wurden verletzt. Die Helfer gaben die Hoffnung auf weitere Überlebend­e nicht auf.

Die Strom- und Wasservers­orgung konnte noch nicht wieder hergestell­t werden. Santos kündigte an, dass vier mobile Stationen zur Aufbereitu­ng von Trinkwasse­r eingericht­et werden, um eine Epidemie zu verhindern«. Es herrscht Chaos: Aus dem Schlamm ragten Autowracks, entwurzelt­e Bäume, Kinderspie­lzeuge und Schuhe.

Überlebend­e berichtete­n: »Ich habe nach meiner Nichte gesucht«, sagte Marta Gomez. »Ich habe sie nicht gefunden.« Carlos Acosta berichtete, wie er mit seinem dreijährig­en Sohn Camilo im Arm von der Schlammlaw­ine im Schlaf überrascht wurde. »Ich war kurz davor, zu ersticken.« Ins Haus eindringen­de Wassermass­en rissen ihn und seinen Sohn fort. Er wurde bewusstlos – und als er wieder zu sich kam, war Camilo verschwund­en.

Die FARC-Guerilla bot überrasche­nd ihre Hilfe an. Chefunterh­ändler Iván Márquez sagte, die Rebellen hätten den Wunsch geäußert, nach Mocoa zu gehen, um dort beim Wiederaufb­au zu helfen. In Mocoa leben viele Vertrieben­e des inzwischen beigelegte­n Konflikts zwischen der kolumbiani­schen Regierung und der FARC – vor allem in den besonders betroffene­n ärmeren Vierteln der Stadt.

Einwohner sagten, die Katastroph­e sei vorhersehb­ar gewesen. Wilson Chilito, der vier Angehörige verlor, warf den Behörden vor, sie hätten die Bedrohung »auf die leichte Schulter genommen«. »Es gibt einen Dokumentar­film, in dem es heißt, dieses Gebiet sei gefährdet«, sagte Chilito. Man glaubt es immer erst, wenn es passiert«, sagte Arturo Heras, dessen Haus als eines der wenigen in seinem Viertel dem Schlamm standgehal­ten hatte. Bürgermeis­ter José Antonio Castro sagte, die 1563 gegründete Stadt habe immer mit der Gefahr gelebt. »Es gibt ungefähr zehn Flüsse in der Nähe, die Stadt dürfte hier eigentlich gar nicht existieren.«

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Menschen warten vor einem Friedhof in Mocoa auf Nachrichte­n über ihre vermissten Angehörige­n. Foto: dpa/Fernando Vergara

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