Wachschützer
Der italienische Innenminister Marco Minniti hat eine Leidenschaft für Lawrence von Arabien. Jüngst widmete er ein Zitat des britischen Offiziers seinem Parteivorsitzenden Matteo Renzi (PD). Nun eifert er seinem Vorbild auch praktisch nach: Er traf in Rom bei Geheimverhandlungen 60 libysche Stammesführer. Diese sollen die 5000 Kilometer lange Südgrenze ihres Landes gegen Migranten schützen. Auf die Frage, ob die Beduinen den Pakt einhalten werden, antwortete einer der Stammesführer, dass jeder Pakt ein »Blutbund« sei. Minniti fügte hinzu: »Ich komme aus Kalabrien, da ist das Blut auch wichtig.«
Minniti steht in einer symptomatischen Tradition der italienischen Politik: ehemalige Kommunisten mit Sicherheitsmanie. Der 61-jährige Minister studierte Philosophie und trat in den 1970er Jahren in die Kommunistische Partei ein. Als diese sich auflöste, wurde er Chef der Nachfolgepartei der Linksdemokraten und dann der Demokratischen Partei in Kalabrien. 2001 wurde er Staatssekretär im Verteidigungsministerium in der Regierung Giuliano Amatos. 2006 bezog er unter Romano Prodi den Vizeministerposten im Innenministerium. Seine neue politische Leidenschaft kultivierte er auch außerhalb der Politik: 2009 gründete er eine Stiftung namens Intelligence Culture and Strategic Analysis (ICSA), die sich mit Si- cherheits- und Verteidigungspolitik beschäftigt.
Den Wachschützer gibt Minniti nicht nur im Bunde mit Stammesführern, sondern auch mit Bürgermeistern. So schlug er jüngst vor, aus Gründen des »Anstandes« in einer Stadt »unerwünschte« Personen mit Gebietsverboten zu belegen. Außerdem will er Flüchtlingen das Recht nehmen, gegen abgelehnte Asylanträge Berufung einzulegen: So soll die Abschiebung beschleunigt werden.
Offenbar befindet sich die Sicherheitsmanie bei ihm in einem fortgeschrittenen Stadium. »Sicherheit und Freiheit sind zwei Seiten derselben Münze« sowie »Sicherheit ist ein linker Begriff« gelten als seine Lieblingssätze. Vermutlich hat er auch mit den Bürgermeistern einen »Blutbund« geschlossen.