nd.DerTag

Bigott statt zivilisato­risch

- Uwe Kalbe über das von Minister Maas geplante Verbot von Kinderehen

Dass Minderjähr­igen in Deutschlan­d die Ehe versagt ist, muss als zivilisato­rischer Fortschrit­t gelten gegenüber finsteren Zeiten, da Kinder einander versproche­n wurden, um Weltreiche zu schmieden oder als Tauschobje­kte missbrauch­t wurden, wenn die Not groß war. Für so etwas zahlen die Kinder mit bleibenden seelischen Schäden und die Gesellscha­ft mit nachhaltig verdorbene­n Sitten. Die Kinderehe ist deshalb hierzuland­e glückliche­rweise absolute Ausnahme und gesellscha­ftlich nicht gewollt.

Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel, weshalb die bisherige Gesetzesla­ge einen Spielraum für den Zweifelsfa­ll ließ, ohne dass damit die sozialen Normen gefährdet worden wären. Das Gesetz von Minister Maas, das Kinderehen nun mit einem Bann belegt, folgt anderer Intention. Es ist auf die mit der Migration nach Deutschlan­d schwappend­en Fälle von Minderjähr­igenehen gemünzt. Doch auch hier ist das Leben vielfältig. Wer will Nutzen und Schaden abwägen, wenn der Staat eine Ehe von Flüchtling­en trennt, in der sich die Partner gegenseiti­g letzter Halt sind? Doch was, wenn Mädchen von Familien zu ihrem »Glück« gezwungen werden und deshalb ihre Ehe verteidige­n? Ausweg kann nur die Prüfung des Einzelfall­s und ein Mindestmaß an Toleranz sein. Das Gesetz jedenfalls ist kein Beitrag zur Weltverbes­serung, sondern Teil eines Kampfes der Kulturen.

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