Objektivität tut not
Der deutsche Außenminister Gabriel hat Russland dringlich aufgefordert, den Giftgas-Vorfall in Syrien zu untersuchen. Bedurfte es dessen? Kaum, denn Russland hatte dies bereits selbst nicht nur vorgeschlagen, sondern auch eigene Erkenntnisse vorgelegt. Gabriel dürfte das gewusst haben.
Gerade weil der Vorfall so gravierend ist, wäre Objektivität geboten. Die aber scheint nicht erwünscht, wenigstens nicht bei Frankreich, Großbritannien und den USA. Die hatten weit weg vom Tatort schon am Dienstag – Paris wieder als erster – in Syrien und damit mittelbar auch Russland die Schuldigen erkannt, ehe die Chemiewaffen-Experten der UNO überhaupt erklären konnten, dass sie Fakten sammeln werden. Sich einfach in den Chor der Vorverurteiler um den französischen Kollegen Ayrault zu stellen, wäre vermutlich bequem gewesen. Doch wäre es ein recht armseliger Einstand für Gabriel in der Syrien-Frage gewesen. Diesen Eindruck vermied er gestern.
Muss man jetzt aber nicht wenigstens die Motive der verschiedenen Seiten beleuchten? Warum sollte sich Assad, dessen Armee auf dem Vormarsch ist, gerade jetzt, am Vorabend einer Geberkonferenz, mit einem Gasangriff diskreditieren? Die syrische Version, es sei von ihr wohl ein Giftgas-Depot der Rebellen am Boden getroffen worden, muss nicht stimmen. Aber sie hat mehr Logik als der Vorwurf der Gegenseite. Das alles schreit nach Untersuchung!