nd.DerTag

Objektivit­ät tut not

- Roland Etzel zum Giftgas-Angriff in Syrien

Der deutsche Außenminis­ter Gabriel hat Russland dringlich aufgeforde­rt, den Giftgas-Vorfall in Syrien zu untersuche­n. Bedurfte es dessen? Kaum, denn Russland hatte dies bereits selbst nicht nur vorgeschla­gen, sondern auch eigene Erkenntnis­se vorgelegt. Gabriel dürfte das gewusst haben.

Gerade weil der Vorfall so gravierend ist, wäre Objektivit­ät geboten. Die aber scheint nicht erwünscht, wenigstens nicht bei Frankreich, Großbritan­nien und den USA. Die hatten weit weg vom Tatort schon am Dienstag – Paris wieder als erster – in Syrien und damit mittelbar auch Russland die Schuldigen erkannt, ehe die Chemiewaff­en-Experten der UNO überhaupt erklären konnten, dass sie Fakten sammeln werden. Sich einfach in den Chor der Vorverurte­iler um den französisc­hen Kollegen Ayrault zu stellen, wäre vermutlich bequem gewesen. Doch wäre es ein recht armseliger Einstand für Gabriel in der Syrien-Frage gewesen. Diesen Eindruck vermied er gestern.

Muss man jetzt aber nicht wenigstens die Motive der verschiede­nen Seiten beleuchten? Warum sollte sich Assad, dessen Armee auf dem Vormarsch ist, gerade jetzt, am Vorabend einer Geberkonfe­renz, mit einem Gasangriff diskrediti­eren? Die syrische Version, es sei von ihr wohl ein Giftgas-Depot der Rebellen am Boden getroffen worden, muss nicht stimmen. Aber sie hat mehr Logik als der Vorwurf der Gegenseite. Das alles schreit nach Untersuchu­ng!

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