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Wer bezahlt die Arbeit am Kind?

- Ellen Wesemüller über den großen Bedarf an Kinderbetr­euung Foto: nd/Ulli Winkler

Für viele Eltern klingt es wie ein Traum: Eine kostenlose Betreuung, bestenfall­s eine ehemalige Erzieherin, nimmt sich der Kinder an, weil man selbst arbeiten muss, während die Kita noch oder schon geschlosse­n hat.

Viele Eltern würden davon profitiere­n. Denn dass Kitas in der Regel zwischen 6 und 18 Uhr geöffnet haben, wie es auf der Webseite des von Bildungsse­natorin Sandra Scheeres (SPD) initiierte­n Projekts zur mobilen Kinderbetr­euung steht, ist stark übertriebe­n. Selbst wenn – ein gängiger Ganztagsgu­tschein gilt neun Stunden, allein das ist mit einer Vollzeitst­elle kaum vereinbar. Ganz zu schweigen von den Eltern, die keinen Kitaplatz finden: Erst Dienstag schrieb der Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg, das Jugendamt könne bei der Vermittlun­g von Plätzen leider nicht mehr helfen: »Insbesonde­re wegen des immensen Fachkräfte­mangels können Kitas im Bezirk derzeit keine weiteren Kinder aufnehmen.«

Man kann sicher vieles an Scheeres’ Initiative bemängeln: die fehlende fachliche Ausbildung der Betreuer, die miese Bezahlung von Sorgearbei­t, die schlechte Werbung, die vielleicht zu verstecken versucht, dass man den immensen Bedarf überhaupt gar nicht decken könnte.

Trotzdem wird die Initiative, wenn sie denn einmal läuft, besonders alleinsteh­enden Müttern helfen. Doch auch, wenn zu begrüßen ist, dass besonders Frauen mehr arbeiten wollen: zu dem Wollen gesellt sich inzwischen oft ein Müssen. Eine befreundet­e Erzieherin erzählte, dass Eltern vor zwei Jahren noch keine einjährige­n Kinder in ihrer Kita anmeldeten, inzwischen sind die meisten Neulinge sogar jünger als ein Jahr. Nicht nur die wachsende Stadt lässt die Nachfrage nach Kinderbetr­euung steigen, auch die pure Notwenigke­it, die Arbeitskra­ft zu Markte zu tragen.

Man kann die Wirtschaft auffordern, die Kinderbetr­euung zu bezahlen. Man kann sie aber auch auffordern, die Angestellt­en besser zu entlohnen, sodass alle weniger arbeiten müssen.

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