Kind betreut trotz Nachtschicht
Mobile Betreuer sollen Eltern unterstützen, die außerhalb der Kita-Öffnungszeiten arbeiten müssen
Nicht nur Busfahrer oder Krankenschwestern fragen, wer ihre Kinder betreut, wenn sie nachts arbeiten. Ein Service der Bildungsverwaltung soll Abhilfe schaffen – doch kaum einer kennt ihn.
»Ich habe bis zu 600 Euro für die private Betreuung meines Kindes bezahlt«, erzählt Dorina Wegner. Das ist jetzt vorbei. Denn seit kurzem kümmert sich eine Betreuerin des Mobilen Kinderbetreuungsservice (MoKiS) um den fünfjährigen Sohnder alleinerziehenden Kinderkrankenschwester.
Der Unterschied zur Kindertagespflege: Hier kann das Kind vor und nach der Kita im elterlichen Zuhause spielen. Während die Krankenschwester in der Spätschicht ist, holt eine Betreuerin das Kind ab, spielt mit ihm, kocht und bringt es ins Bett. Die Senatsverwaltung für Bildung stellte den Service am Mittwoch vor. MoKis richtet sich an Eltern, deren »Arbeitszeit die Öffnungszeiten der regulären Kinderbetreuung regelmäßig um mehr als eine Stunde überschreitet«. Dies muss nicht nur regelmäßig, sondern auch für mindestens drei Stunden pro Woche der Fall sein. Neben dem Kita-Gutschein müssen die Eltern beim Jugendamt noch einen weiteren Gutschein für die Betreuung ihres Kindes beantragen, den sogenannten »Gutschein für ergänzende Kindertagespflege«.
Für das Kind ist eine Betreuungsperson zuständig. Diese wird nach Mindestlohn bezahlt, muss Führungs- und Gesundheitszeugnis vorlegen und nimmt an einem viertägigen Schulungskurs teil. Oft sind es Rentner, die zuvor als Erzieher gearbeitet haben. Die Eltern entscheiden mit. »Die Vermittlung ging ganz schnell. Nach anderthalb Wochen habe ich das Gespräch mit der Betreuerin geführt«, sagt Wegner.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat das Konzept vor einem Jahr initiiert. Denn private Kinderbetreuung ist auch eine Frage des Geldes. Vor allem Alleinerziehende müssen sich oft zwischen Beruf und Betreuung ihres Kindes entscheiden, wenn Kindertagesstätten geschlos- sen sind und familiäre Unterstützung fehlt. Wegner erzählt: »Es gab Zeiten, da bin ich arbeiten gegangen, damit mein Kind betreut wird, während ich arbeiten gehe.«
Scheeres zieht am Montag eine positive Bilanz: »Es ist ein wesentlicher Ansatz, die Armut von Familien zu bekämpfen.« Der Service ermögliche es auch Unternehmen, an Fachkräfte zu kommen. »Die Wirtschaft hat ebenso Verantwortung und sollte sich beteiligen«, fordert die Senatorin.
Für den Modellversuch stehen 381 000 Euro bereit. Die Kinderbetreuung wird – wie die sonstige Kita-Betreuung – über die Haushalte der Bezirksjugendämter finanziert. Doch das Projekt ist kaum bekannt. Bisher meldeten sich nur 155 Eltern. Noch seltener wurden Familien und Betreuer zusammengebracht: bisher ganze neun Mal. Zwar gibt es 202 Interessentinnen für den Betreuungsjob. Aber die Verfahren, bis diese den Dienst antreten können, dauern. Hinzu kommt, dass das Projekt in den Bezirken zu wenig beworben werde, meint Ella Pop von MoKis.
»Es gab Zeiten, da bin ich arbeiten gegangen, damit mein Kind betreut wird, während ich arbeiten gehe.« Dorina Wegner, Krankenschwester