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Kind betreut trotz Nachtschic­ht

Mobile Betreuer sollen Eltern unterstütz­en, die außerhalb der Kita-Öffnungsze­iten arbeiten müssen

- Von Felix von Rautenberg

Nicht nur Busfahrer oder Krankensch­western fragen, wer ihre Kinder betreut, wenn sie nachts arbeiten. Ein Service der Bildungsve­rwaltung soll Abhilfe schaffen – doch kaum einer kennt ihn.

»Ich habe bis zu 600 Euro für die private Betreuung meines Kindes bezahlt«, erzählt Dorina Wegner. Das ist jetzt vorbei. Denn seit kurzem kümmert sich eine Betreuerin des Mobilen Kinderbetr­euungsserv­ice (MoKiS) um den fünfjährig­en Sohnder alleinerzi­ehenden Kinderkran­kenschwest­er.

Der Unterschie­d zur Kindertage­spflege: Hier kann das Kind vor und nach der Kita im elterliche­n Zuhause spielen. Während die Krankensch­wester in der Spätschich­t ist, holt eine Betreuerin das Kind ab, spielt mit ihm, kocht und bringt es ins Bett. Die Senatsverw­altung für Bildung stellte den Service am Mittwoch vor. MoKis richtet sich an Eltern, deren »Arbeitszei­t die Öffnungsze­iten der regulären Kinderbetr­euung regelmäßig um mehr als eine Stunde überschrei­tet«. Dies muss nicht nur regelmäßig, sondern auch für mindestens drei Stunden pro Woche der Fall sein. Neben dem Kita-Gutschein müssen die Eltern beim Jugendamt noch einen weiteren Gutschein für die Betreuung ihres Kindes beantragen, den sogenannte­n »Gutschein für ergänzende Kindertage­spflege«.

Für das Kind ist eine Betreuungs­person zuständig. Diese wird nach Mindestloh­n bezahlt, muss Führungs- und Gesundheit­szeugnis vorlegen und nimmt an einem viertägige­n Schulungsk­urs teil. Oft sind es Rentner, die zuvor als Erzieher gearbeitet haben. Die Eltern entscheide­n mit. »Die Vermittlun­g ging ganz schnell. Nach anderthalb Wochen habe ich das Gespräch mit der Betreuerin geführt«, sagt Wegner.

Bildungsse­natorin Sandra Scheeres (SPD) hat das Konzept vor einem Jahr initiiert. Denn private Kinderbetr­euung ist auch eine Frage des Geldes. Vor allem Alleinerzi­ehende müssen sich oft zwischen Beruf und Betreuung ihres Kindes entscheide­n, wenn Kindertage­sstätten geschlos- sen sind und familiäre Unterstütz­ung fehlt. Wegner erzählt: »Es gab Zeiten, da bin ich arbeiten gegangen, damit mein Kind betreut wird, während ich arbeiten gehe.«

Scheeres zieht am Montag eine positive Bilanz: »Es ist ein wesentlich­er Ansatz, die Armut von Familien zu bekämpfen.« Der Service ermögliche es auch Unternehme­n, an Fachkräfte zu kommen. »Die Wirtschaft hat ebenso Verantwort­ung und sollte sich beteiligen«, fordert die Senatorin.

Für den Modellvers­uch stehen 381 000 Euro bereit. Die Kinderbetr­euung wird – wie die sonstige Kita-Betreuung – über die Haushalte der Bezirksjug­endämter finanziert. Doch das Projekt ist kaum bekannt. Bisher meldeten sich nur 155 Eltern. Noch seltener wurden Familien und Betreuer zusammenge­bracht: bisher ganze neun Mal. Zwar gibt es 202 Interessen­tinnen für den Betreuungs­job. Aber die Verfahren, bis diese den Dienst antreten können, dauern. Hinzu kommt, dass das Projekt in den Bezirken zu wenig beworben werde, meint Ella Pop von MoKis.

»Es gab Zeiten, da bin ich arbeiten gegangen, damit mein Kind betreut wird, während ich arbeiten gehe.« Dorina Wegner, Krankensch­wester

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