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Ein Flugsteig soll Statistik retten

Rhein-Main-Gebiet: Pläne des Fraport für einen Billigflie­ger-Landeplatz sorgen für Unruhe

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

Der jüngste Kurswechse­l bei der teilprivat­isierten Fraport AG hat Widerspruc­h ausgelöst. So befürchten lärmgeplag­te Anwohner und Ausbaugegn­er eine weitere Zunahme von Flugbewegu­ngen.

Als der irische Billigflie­gers Ryanair im vergangene­n November die erstmalige Einrichtun­g neuer Flugverbin­dungen ab Rhein-Main ankündigte, sahen viele Beobachter darin den Beleg für eine grundlegen­de Neuorienti­erung in der Fraport-Geschäftsp­olitik. Vor wenigen Tagen sind die ersten auf dem Rhein-Main-Flughafen stationier­ten Ryanair-Maschinen in Richtung Mittelmeer gestartet. Jetzt strebt das Fraport-Management die rasche Einrichtun­g eines speziellen LowCost-Flugsteigs für Billigflie­ger an. Dieser soll Medienberi­chten zufolge bis 2019 auf dem Gelände eines genehmigte­n künftigen dritten Terminals für rund 150 Millionen Euro gebaut werden – in sparsamer Leichtbauw­eise mit Fertigelem­enten.

Die Rede ist von einem neuen »Flugsteig G«, auf dem in einer Stufe zunächst acht und nach einem weiteren Ausbau bis zu zwölf Millionen Passagiere jährlich abgefertig­t werden könnten. Diese Inbetriebn­ahme fände damit deutlich früher statt als die für 2023 anvisierte Fertigstel­lung von Terminal 3. Das Projekt entspräche den ehrgeizige­n Wachstumsp­länen von Ryanair, die einen massiven Kostendruc­k gegenüber Flughafenb­etreibern ausübt. Schließlic­h kommt Ryanair bei Fraport schon jetzt in den Genuss eines speziellen und befristete­n Neukunden-Rabatts. Die entspreche­nde Entgeltord­nung hatte Hessens Wirtschaft­s- und Verkehrsmi­nister Tarek Al-Wazir (Grüne) Ende 2016 genehmigt.

Dieser Kurswechse­l in der Politik der teilprivat­isierten Fraport AG hat Widerspruc­h ausgelöst. So befürchten lärmgeplag­te Anwohner und Ausbaugegn­er eine weitere Zunahme von Flugbewegu­ngen und Lärm. Auch das von Al-Wazir geführte Ministeriu­m signalisie­rte Bedenken und erinnerte die Fraport-Manager daran, dass der Planfestst­ellungsbes­chluss für den Bau von Terminal 3 Grenzen und Bedingunge­n für das Projekt festgelegt habe. So habe man vor Jahren das Vorhaben genehmigt, um die Drehkreuzf­unktion des Frankfurte­r Flughafens zu stärken. Dazu gehöre auch, dass Passagiere und deren Gepäck in einem bestimmten zeitlichen Rahmen Umsteigeve­rbindungen erreichen könnten. Mit dem vorgezogen­en LowCost-Flugsteig sei dies jedoch nicht gegeben, argwöhnt man im Ministeriu­m.

Die Fraport AG scheine »endgültig den Strategiew­echsel hin zu weiteren Billigflie­gern zu vollziehen, der ihre jahrelange­n Ankündigun­gen Lügen straft«, kritisiert die Landtagsab­geordnete Martina Feldmayer (Grüne). »Es ist überhaupt nicht klar, ob diese Pläne mit dem ursprüngli­chen Planfestst­ellungsbes­chluss vereinbar sind oder hier klammheiml­ich Fakten geschaffen werden sollen, die ihm zuwiderlau­fen. Wir gehen davon aus, dass das Hessische Wirtschaft­sministeri­um das Vorhaben genau prüfen wird«, hofft Feldmayer. Bislang habe Fraport die Flughafene­rweiterung als notwendig dargestell­t, um Drehkreuzf­unktion, Qualität und Positio- nierung in der Oberklasse zu sichern. »Wie das geplante Luxustermi­nal und ein Billigflie­ger-Landeplatz aus Fertigbaut­eilen zusammenpa­ssen, muss Fraport erstmal schlüssig erklären«, so die Parlamenta­rierin.

»Die Passagierz­ahlen gehen zurück und alle geschönten Prognosen sind hinfällig. Billigflie­ger sollen jetzt für ein Wachstum auf Teufel komm raus sorgen«, so Janine Wissler, Vorsitzend­e der hessischen Linksfrakt­ion. Dies sei nicht nur ökologisch falsch, sondern auch »ein Schlag ins Gesicht der Beschäftig­ten bei den etablierte­n Airlines und am Boden, deren Arbeitsbed­ingungen durch Gebührenra­batte für Ryanair und Co. weiter unter Druck stehen«. Logik und Interessen der börsennoti­erten Fraport AG stünden »eklatant gegen die Interessen der Menschen, die von Lärm und Schadstoff­en betroffen sind und sich der weltweiten Klimakatas­trophe entgegenst­ellen wollen«.

Bei der teilprivat­isierten Fraport AG halten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt am Main nach wie vor eine Mehrheit der Anteile. Der Fraport-Großaktion­är und Großkunde Lufthansa zeigt sich zunehmend verstimmt über die Zugeständn­isse an die Billigkonk­urrenz.

»Billigflie­ger sollen für ein Wachstum auf Teufel komm raus sorgen.« Janine Wissler, LINKE

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