nd.DerTag

Ostdeutsch­land soll nicht weniger bekommen

Regierungs­chefs Ost beraten mit Kanzlerin über Strukturfö­rderung

- Von Hendrik Lasch, Bad Muskau

Die Förderung für Ostdeutsch­land soll auch nach Auslaufen des Solidarpak­ts im Jahr 2019 nicht sinken. Das forderten die ostdeutsch­en Regierungs­chefs bei einem Treffen mit der Kanzlerin. Die ostdeutsch­en Bundesländ­er pochen auch nach dem Ende des Solidarpak­ts in zwei Jahren auf eine finanziell­e Unterstütz­ung in gleichblei­bender Höhe. Die Ausstattun­g mit Fördermitt­eln müsse »mindestens erhalten« bleiben, hieß es nach der 44. Ministerpr­äsidentenk­onferenz Ost im sächsische­n Bad Muskau, an der auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm. Diese sagte, es gebe »in der Tat noch strukturel­le Unterschie­de«. Sie verwies auf das Bruttoinla­ndsprodukt je Einwohner, das im Osten nur bei 73 Prozent des bundesweit­en Durchschni­tts liegt. Darauf müsse man »mit besonderen Maßnahmen« reagieren.

Die sechs Regierungs­chefs von Berlin, Brandenbur­g, Mecklenbur­g-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen unterstütz­en das Vorhaben, ab 2020 struktursc­hwache Regionen bundesweit zu fördern. Allerdings gebe es einen Unterschie­d zwischen »punktuelle­r und flächendec­kender Struktursc­hwäche«, sagte Sachsens Regierungs­chef Stanislaw Tillich (CDU). Merkel räumte ein, dass einige benachteil­igte Regionen in Nordrhein-Westfalen »in den neuen Ländern ziemlich an der Spitze« liegen würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Osten von einer künftigen Förderung »überpropor­tional« profitiere­n müsse.

Die Gründe für die strukturel­le Schwäche sind seit langem bekannt: Im Osten gibt es eine deutlich geringere Zahl großer Unternehme­n und kaum Zentralen von Konzernen, dafür aber viele kleine und mittlere Firmen, die über vergleichs­weise geringe For- schungskap­azitäten verfügen. Dem will der Bund mit einem neuen Förderprog­ramm abhelfen, das mit 150 Millionen Euro ausgestatt­et wird. Es soll allerdings nur bis 2019 auf Ostdeutsch­land beschränkt sein und danach bundesweit greifen.

Ausdruck einer Benachteil­igung Ostdeutsch­lands ist auch die geringere Dichte an hier ansässigen Einrichtun­gen des Bundes und der EU. Um das zu ändern, unterstütz­en alle sechs Regierungs­chefs eine mögliche Ansiedlung der Europäisch­en Arzneimitt­elagentur EMA in Berlin. Sie ist bisher in London ansässig, muss diesen Standort wegen des Brexits aber aufgeben. Vom Bund fühlen sich die Ost-Länder bei der Ansiedlung von Behörden vernachläs­sigt: Die 25 Jahre alten Vorschläge einer Föderalism­uskommissi­on zur »ausgewogen­en Verteilung« von Bundeseinr­ichtungen seien »bis heute nicht umgesetzt worden«.

Aufgewerte­t werden soll der Osten auch durch eine weiter verbessert­e Bahnanbind­ung, durch den Ausbau der Breitbandv­ersorgung – und mit Hilfe des Sports. Die Regierungs­chefs drängen darauf, dass im Fall einer Ausrichtun­g der Fußball-Europameis­terschaft 2024 in Deutschlan­d neben Berlin mindestens ein weiterer der zehn Spielort in Ostdeutsch­land liegt. Favorisier­t wird Leipzig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany