nd.DerTag

Der syrische Fensterstu­rz

- Roland Etzel zum Streit um Syrien

Die Zeichen für ein allmählich­es Ende des Syrien-Krieges standen zu Jahresbegi­nn nicht so schlecht. Dies legte die Annäherung Russlands und der Türkei nahe; dafür sprach das Zurückdrän­gen der dschihadis­tischen Formatione­n in Irak und Syrien; auch eine Reihe hoffnungsv­oll stimmender Konferenze­n hat es gegeben.

Von alldem ist wenig mehr geblieben als ein Scherbenha­ufen. Syrien – das schält sich im Moment in besonders für dessen Bevölkerun­g verhängnis­voller Weise heraus – soll offenbar auch nach sechs Jahren Krieg nicht einmal in eine Waffenruhe entlassen werden, im Gegenteil; auch weil es nur noch mittelbar um Syrien geht.

Der ursprüngli­che innersyris­che Zwist ist rückschaue­nd als Konfliktau­slöser ähnlich marginal wie einstmals der Fensterstu­rz zu Prag als Anlass für den Dreißigjäh­rigen Krieg. Und so wie letzterer deutsches Territoriu­m zum Ort des Schlagabta­usches der europäisch­en Großmächte machte, ist Syrien aktuell Schauplatz des Armdrücken­s der heutigen Hegemonen Russland und USA, nachgeordn­ete Staaten eingerechn­et.

Der Fall Chan Scheichun bedarf der Aufklärung, keine Frage. Dies wird aber nicht befördert, indem man die Person Assad in solch primitiver Manier dämonisier­t, wie es derzeit geschieht, so wie vor 15 Jahren der Iraker Saddam als die Inkarnatio­n alles Bösen auch dem letzten zu Bedachtsam­keit mahnenden Zweifler ins Gehirn geprügelt werden sollte. Was heute von vielen jener, die es taten, eingestand­en wird. Erinnerung ist nötig!

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