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Nur die CDU braucht ein Islamgeset­z

Fabian Köhler sieht in der Idee von Julia Klöckner und Jens Spahn, »Rechte und Pflichten der Muslime in Deutschlan­d« mit einem Gesetz zu regeln, eine Sonderbeha­ndlung, die keines der derzeitige­n Probleme lösen würde

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Es sind keine einfachen Zeiten in der deutschen Islamdebat­te. Klar, nicht für die dauergegän­gelten Muslime, aber auch nicht für ihre Gegner. Schließlic­h ist das Heer aus Islamfeind­en, -kritikern und -experten mittlerwei­le so groß, dass die Zahl muslimisch­er Verhaltens­auffällige­r oft nicht mehr ausreicht, um jedem zum eigenen Wahlkampf- oder Verkaufssc­hlager zu verhelfen. Das aktuellste Opfer des Überangebo­ts an Islambashi­ng ist der ARD-Moderator Constantin Schreiber. Für seinen Enthüllung­sreport »Inside Islam« reichte es schon nicht mehr, nur kritisch über Moscheepre­digten zu berichten. Um überhaupt noch auf der »Spiegel«-Bestseller­liste zu landen, musste er diese auch noch falsch übersetzen.

Aber was tun, wenn der letzte Gebetstepp­ich aus der Uni verschwund­en ist, das letzte Tuch vom Kopf gerissen und die letzte Vorhaut nicht abgeschnit­ten wurde? Den beiden CDU-Politikern Julia Klöckner und Jens Spahn kam da vergangene Woche die rettende Idee. Anstatt wie bisher einzelne muslimisch­e Unvereinba­rkeiten mit der deutschen Mehrheitsk­ultur verbieten zu wollen, planten sie nun, gleich die ganze Religion unter gesetzgebe­rische Kontrolle zu stellen. Das ultimative Vorhaben für die nächste Islamdebat­te: ein Islamgeset­z.

Dazu muss man wissen, dass Klöckner Fraktionsv­orsitzende im rheinland-pfälzische­n Landtag ist und Spahn als Staatssekr­etär unter Wolfgang Schäuble irgendetwa­s mit Finanzen macht. Mit muslimisch­em Leben in Deutschlan­d haben die beiden – wie die meisten Islamkriti­ker – nur etwas zu tun, wenn sie es verbieten wollen. Dabei sind sie zumindest ausgesproc­hen einfallsre­ich: Mit Forderunge­n nach Verboten von Kopfbedeck­ungen, die es nicht gibt (Burka bei Ikea) oder Dingen, die sie schlicht nichts angehen (Badehosen im Fitnessstu­dio), besetzen die beiden so etwas wie die Kreativabt­eilung bundesdeut­scher Islamfeind­e.

Aber zurück zum Islamgeset­z. Dieses solle »die Rechte und Pflichten der Muslime in Deutschlan­d auf eine neue rechtliche Basis stellen«, sagte Klöckner der »Bild am Sonntag«. Mit »neue Basis« meint sie allerdings »keine Basis«. Denn so harmlos die Forderung klingt, Moscheen Gelder aus dem Ausland zu verbieten, wissen die beiden doch nur zu gut, wie knapp es um die Finanzieru­ng muslimisch­en Lebens in Deutschlan­d bestellt ist.

Falls Sie es nicht wissen: Moscheen sind in aller Regel organisier­t wie Ihr Briefmarke­nclub, nämlich als Verein. Sie erinnern sich, wie schwierig es beim letzten Treffen war, einen Protokolla­nten zu finden? Jetzt stellen Sie sich einmal vor, wie schwierig es für Ehrenamtle­r neben dem wöchentlic­hen Gebet ist, auch noch Eheberatun­g, Hilfe beim Gang zum Amt und Jugendarbe­it für oft Hunderte Menschen anzubieten.

Aber um die Integratio­nsarbeit von Moscheen soll es nicht gehen. Weder in dieser Kolumne noch im Islamgeset­z. Eine weitere Forderung: Deutsch sprechen sollen die Prediger. Kann man machen, versteht dann halt nur keiner. Aber wo wir gerade dabei sind: Wussten Sie, dass in Deutschlan­d nicht nur auf Arabisch, Türkisch oder Dari gepredigt wird, sondern auch auf Russisch, Polnisch, Spanisch, Portugiesi­sch und Italienisc­h? In Kirchen, nicht in Moscheen. Ganz sicher ist Ihnen bewusst, dass unsere Verfassung gleiches Recht für alle Gläubigen vorsieht.

Um jetzt aber konstrukti­v zu werden: Ein Islamgeset­z ist so überflüssi­g wie alle anderen Versuche von Spahn und Klöckner, auf dem Rücken von Muslimen eine Islamdebat­te zu führen. Probleme gibt es natürlich, die Lösungen allerdings auch. Gegen mangelnde Deutschken­ntnisse helfen mehr staatlich geförderte Sprachkurs­e. Gegen das Schmuddeli­mage von Moscheen, die sich irgendwo zwischen Tiefgarage und Gewerbegeb­iet von der Mehrheitsg­esellschaf­t abschotten, helfen Behörden, die sich nicht bei jedem Bauantrag eines islamische­n Vereins in Moscheebau­ver-hinderungs­ämter verwandeln. Und gegen Einflussna­hme aus dem Ausland hilft die Anerkennun­g als Religionsg­emeinschaf­t und damit der Zugang zu staatliche­n Geldern. Kurz: die Gleichstel­lung von Muslimen, nicht die Sonderbeha­ndlung durch ein Islamgeset­z.

Bleiben immer noch die Extremiste­n, Hasspredig­er und Demokratie­feinde. Für die gibt es zum Glück schon ein Gesetz. Es heißt Grundgeset­z und gilt seit 1949 für Muslime und alle anderen in Deutschlan­d Lebenden – auch für CDU-Mitglieder.

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Foto: nd/Camay Sungu Fabian Köhler ist freier Journalist. Er lebt in Berlin.

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