Zweifelhaft wechselhaft
Uwe Kalbe über die Offerten der Sozialdemokraten an die FDP
Martin Schulz, dessen Namen man dereinst vergessen haben wird, weil er zunehmend als »Roter Messias« behandelt und dann wohl auch so in Erinnerung bleiben wird, gilt als authentisch und glaubwürdig. Seit er im Februar erstmals und etwas ungelenk den Begriff der sozialen Gerechtigkeit buchstabierte, hängen ihm die Anhänger der SPD an den Lippen. Ihren vergessen geglaubten edlen Kern entdeckte die Partei gerührt wieder, entstaubte ihn und stellte ihn sich ins Schaufenster.
Trunken vom Perspektivwechsel schien der SPD selbst eine Koalition mit den größten Kritikern der Agendapolitik nicht mehr undenkbar. Und diese, die LINKE, träumte schon erstaunt von den neuen Möglichkeiten der Weltverbesserung. Nun aber, nachdem der Wähler im Saarland eine rot-rote Verbindung nicht in ausreichender Zahl goutierte, sieht man Messias Schulz auf der Suche nach alternativen Bündnispartnern. Dass er dabei die Chancen einer sozialliberalen Koalition entdeckt, zeigt: Schulz ist noch beweglicher, als es ohnehin schien. Die damit verbundene Abkehr von der LINKEN muss nicht gleichzeitig den Gerechtigkeitswunsch in Zweifel stellen, dem sich die SPD verschrieben haben will. Die FDP und die Gerechtigkeit aber kann die SPD nicht gleichzeitig wollen. Die Liberalen tun ja nicht einmal so, als könnten sie Schulz' Verkündigungen etwas abgewinnen.