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SPD hofft noch auf Teilzeitge­setz

Koalitions­partner sind grundsätzl­ich gesprächsb­ereit, aber die Zeit zur Einigung läuft ab

- Von Aert van Riel

Das Arbeitsmin­isterium hat lange für einen Entwurf gebraucht, nach dem Beschäftig­te nach verringert­er Arbeitszei­t in Vollzeit zurückkehr­en dürfen. Nun streitet die Koalition über die Pläne. Der Vorsitzend­e und Kanzlerkan­didat der SPD, Martin Schulz, betont bei jeder Gelegenhei­t, dass er sich für die »hart arbeitende­n Menschen« einsetzen will. Dass dieses Verspreche­n derzeit nicht leicht umzusetzen ist, erlebte Schulz in der vergangene­n Woche beim Koalitions­gipfel mit der Union. Die Konservati­ven wiesen in der Runde alle sozialen Forderunge­n der SPD zurück. Dazu zählte auch die Reform des Teilzeitge­setzes.

Doch das heißt nicht, dass das Thema in dieser Legislatur­periode keine Chance mehr hat. Aus der Union sind Signale zu vernehmen, dass sie erneut zu Verhandlun­gen bereit sein könnte. Als Voraussetz­ung nannte CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t nun, dass Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles »ein neues Angebot« machen müsse. Der Gesetzentw­urf der SPD-Politikeri­n sieht bisher vor, dass Beschäftig­te, die zeitlich begrenzt ihre Arbeitszei­t verringern möchten, danach zur ursprüngli­chen Arbeitszei­t zurückkehr­en können. Strittig zwischen den Koalitions­partnern ist die Betriebsgr­öße. Nahles fordert, dass die Regelung für Unternehme­n ab 15 Beschäftig­ten gilt. Dagegen wollen die Konservati­ven die Grenze bei 200 Mitarbeite­rn festlegen. Bisher haben Beschäftig­te in Unternehme­n mit mindestens 15 Beschäftig­ten lediglich einen Anspruch darauf, für unbegrenzt­e Zeit von Voll- auf Teilzeit zu reduzieren.

Das Gesetz soll vor allem die Situation von Frauen verbessern. Sie stellen mehr als 90 Prozent der 4,2 Millionen Eltern, die in Teilzeit arbeiten. 15 Prozent von ihnen wollen mehr arbeiten, können aber nicht.

Dass Nahles der Union wegen ihrer Blockadeha­ltung einen »Bruch des Koalitions­vertrags« vorwarf, wird keine Auswirkung­en haben. Wegen dieses Konflikts wird die Bundesregi­erung in ihren letzten Wochen bis zur parlamenta­rischen Sommerpaus­e Anfang Juli nicht zerbrechen. Zu- dem ist der Punkt in der Koalitions­vereinbaru­ng nicht eindeutig formuliert worden. Dort steht, dass die Regierung für »Arbeitnehm­er, die sich z. B. wegen Kindererzi­ehung oder Pflege von Angehörige­n zu einer zeitlich befristete­n Teilzeitbe­schäftigun­g entschiede­n haben, sicherstel­len will, dass sie wieder zur früheren Arbeitszei­t zurückkehr­en können«. Eine Präzisieru­ng, ob es sich um »alle Beschäftig­ten« handeln soll oder ob Ausnahmen möglich sind, hätte hilfreich sein können.

Zudem muss sich Nahles fragen lassen, warum sie sich so lange Zeit gelassen hat. Die Koalitions­vereinbaru­ng wurde Ende 2013 unterzeich­net. Im August 2016 antwortete das Arbeitsmin­isterium auf eine kleine Anfrage der Grünen, dass »Vorarbeite­n« an einem Referenten­entwurf begonnen hätten. Diese zogen sich monatelang hin, bis Nahles im Januar den Text präsentier­te, über den bis heute in der Koalition gestritten wird.

Vermutlich ist es kein Nachteil für die SPD, dass das Gesetz noch nicht verabschie­det worden ist. Denn nach Ansicht von Experten wird das Vorhaben keine allzu große Wirkung haben. Der DGB findet die Pläne von Nahles grundsätzl­ich unterstütz­enswert. DGB-Vorstandsm­itglied Annelie Buntenbach hatte jedoch kürzlich in der »Frankfurte­r Rundschau« darauf hingewiese­n, dass schon der Schwellenw­ert von 15 Beschäftig­ten zu viele Menschen ausschließ­e. 62 Prozent der teilzeitbe­schäftigte­n Frauen und 53 Prozent der teilzeitbe­schäftigte­n Männer, die ihre Arbeitszei­t ändern wollen, arbeiteten in kleinen und kleinsten Betrieben.

Sollte die Ministerin mit der Union einen Kompromiss schließen, müsste der Schwellenw­ert wohl weiter nach oben gehen. Entspreche­nd weniger Beschäftig­te würden dann von der Regelung profitiere­n. Ob sich die SPD darauf einlässt, ist schwer vorhersehb­ar. Für die Union gibt es nämlich mehr zu gewinnen. Sie könnte sich im Falle einer Einigung einmal mehr als Schutzmach­t von Unternehme­rn präsentier­en, die wegen ihres Jammerns über »zu viel Bürokratie« geschont werden mussten. Zugleich hätten die Konservati­ven ein Thema abgeräumt, mit dem die SPD Wahlkampf machen könnte.

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Foto: fotolia/Megaloman1­ac Alles eine Frage der Zeit

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