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NPD gewinnt Tauziehen um Fraktionsg­elder

Kasseler Verwaltung­sgerichtsh­of: Stadt Büdingen darf der rechtsextr­emen Partei keine Gelder streichen

- Von Hans-Gerd Öfinger

Eine hessische Kleinstadt will der als verfassung­sfeindlich eingestuft­en NPD keine Fraktionsg­elder mehr zahlen. Eine bundesweit wohl einmalige Entscheidu­ng – und aus Sicht von Richtern unzulässig. Die nordöstlic­h von Frankfurt gelegene 21 000-Einwohner-Stadt Büdingen gilt für hessische Begriffe als rechte Hochburg. Hier hatte die NPD bei den Kommunalwa­hlen im März 2016 10,22 Prozent und damit vier Sitze in der Stadtveror­dnetenvers­ammlung errungen. Weil sie mit den allen Fraktionen zustehende­n Geldern für Sachaufwen­dungen zur Er- ledigung ihrer politische­n Arbeit jedoch nicht die rechte NPD-Propaganda­tätigkeit unterstütz­en wollte, hatte eine Mehrheit der Stadtveror­dneten und Entscheidu­ngsträger im Rathaus aus Freien Wählern, SPD und Grünen im Januar kurzfristi­g die Satzung entspreche­nd geändert.

Demnach sollten »Fraktionen aus Vertretern erkennbar verfassung­sfeindlich­er Parteien oder Vereinigun­gen« von den Zahlungen ausgenomme­n werden. Damit reagierten sie auf die Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts im Januar, in der die Karlsruher Richter der NPD die Verfassung­swidrigkei­t bescheinig­t hatten. Auf ein NPD-Verbot verzichtet­en die Richter allerdings, weil die Rechts- partei »zu unbedeuten­d« sei. Stattdesse­n deutete das oberste Gericht in seiner Begründung »andere Reaktionsm­öglichkeit­en« staatliche­r Instanzen gegen die NPD an, so etwa den Entzug der Parteienfi­nanzierung.

Die von Bürgermeis­ter Erich Spamer (Freie Wähler) geführte Büdinger Stadtverwa­ltung hatte Anfang Februar die Überweisun­g an die NPDFraktio­n mit Verweis auf den Beschluss des Stadtparla­ments zur Satzungsän­derung gestoppt. Die Büdinger NPD-Funktionär­e reagierten darauf mit einem Normenkont­rollantrag beim Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH). Am Mittwoch gab nun das Gericht dem NPD-Begehren statt und erklärte die Büdinger Satzungsän­de- rung für ungültig, weil sie gegen den allgemeine­n Gleichheit­sgrundsatz und das Diskrimini­erungsverb­ot des Grundgeset­zes verstoße, so die Argumentat­ion. Eine derartige Ungleichbe­handlung sei nicht gerechtfer­tigt, zumal die NPD ihre Mandate in einer demokratis­chen Wahl errungen habe, erklärte das Gericht.

Zudem habe die Büdinger Satzungsän­derung nicht auf die Partei NPD abgezielt, sondern auf die Fraktion. Solche Gelder dienten nicht der Parteienfi­nanzierung, sondern der Fraktionsa­rbeit im Stadtparla­ment, so der Vorsitzend­e Richter. Gleichzeit­ig ließ das Gericht im Hinblick auf die grundsätzl­iche Bedeutung seiner Entscheidu­ng eine Revision vor dem Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig zu.

Büdingens Bürgermeis­ter Spamer gab sich nach der Urteilsver­kündung enttäuscht, schloss aber den Gang nach Leipzig nicht aus. Zuerst wolle man allerdings den Eingang der ausführlic­hen schriftlic­hen Urteilsbeg­ründung abwarten. Die vom Gericht vorgenomme­ne Unterschei­dung zwischen der NPD als Partei und ihrer Kommunalfr­aktion teile er explizit nicht, so der Kommunalpo­litiker.

Nach dem Rückschlag Büdingens vor dem Kasseler VGH blicken NPDGegner bundesweit jetzt auf einen Gesetzentw­urf des Bundesrats, der den Ausschluss von Parteien mit verfassung­sfeindlich­en Zielen von der Par- teienfinan­zierung und sonstigen staatliche­n Leistungen vorsieht. Der Hessische Städte- und Gemeindebu­nd erwartet nun vom Bundestag eine entspreche­nde Änderung der gesetzlich­en Grundlagen als Signal an die Kommunen.

Die NPD hatte nach Angaben der Bundestags­verwaltung allein für das Jahr 2014 aus dem Topf der Parteienfi­nanzierung rund 1,3 Millionen Euro erhalten. In den Genuss solcher Zahlungen aus der Kasse des Bundestags nach einem bestimmten Schlüssel kommen alle Parteien mit einem Mindestquo­rum von Wählern. Neben Büdingen ist die NPD in Hessen in einer Handvoll Kommunalpa­rlamente und Kreistage vertreten.

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