Die Last soll aufs Elektrobike
Statt Lkw sollen Lastenfahrräder Pakete liefern / In Hamburg läuft seit 2012 ein entsprechendes Pilotprojekt
Die Opposition spottet darüber, dass der Senat Lastenfahrräder fördern will. Doch sie könnten den zunehmenden Verkehr entlasten. Andernorts laufen entsprechende Pilotprojekte bereits. Auf den Straßen der Hauptstadt ist der Internethandel alles andere als virtuell. Knapp 2500 Fahrzeuge von DHL, Hermes und Co. verbrauchten 2015 an die fünf Millionen Liter Diesel. Das ergeben Zahlen des kürzlich vorgelegten Nachhaltigkeitsberichts des Bundesverbands Paket & Express Logistik. Dabei entspricht jeder verbrannte Liter Diesel 2,64 Kilogramm CO2-Emissionen.
Kein Wunder also, dass sich die rot-rot-grüne Koalition die Förderung von Elektro-Lastenrädern auf die Fahne geschrieben hat. Denn nicht nur der Ausstoß an Klimagasen ist ein Problem. Vor allem in der Innenstadt sind die Zustellfahrzeuge ein ernsthaftes Verkehrshindernis. Weil es schnell gehen muss, parken die Fahrer häufig in der zweiten Reihe und gefährden damit vor allem Radfahrer.
Schon in seiner Zeit als Pankower Baustadtrat wies Jens-Holger Kirchner (Grüne), nun Verkehrsstaatssekretär im Senat, immer wieder auf das Problem mit den Zustellfahrzeugen hin. Neben Lastenfahrrädern äußerte Kirchner auch Sympathie für Güterstraßenbahnen. Umgebaute Tramzüge könnten so einen Teil des Lieferverkehrs übernehmen. Die BVG ist prinzipiell offen für diese Vision, sieht aber auch Probleme. »Tagsüber könnten zum Beispiel auf dem Alexanderplatz keine zusätzlichen Güterstraßenbahnen fahren. Unser Verkehr ist jetzt schon zu dicht«, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Kein Wunder, dass ähnliche Pläne in Großstädten wie Wien und Zürich inzwischen sang- und klanglos in der Schublade verschwunden sind.
Da sind die Lastenräder doch die realistischere Zukunftsvision, die in der Hamburger Innenstadt bereits seit 2012 vom Paketdienst UPS umgesetzt wird. Dabei fahren Laster Container an zentrale Punkte der Innenstadt und laden sie dort ab. Sie dienen als sogenannte Mikrodepots, von denen aus die Sendungen mit Lastenrädern zum Endkunden gebracht werden. Um ein klassisches Lieferfahrzeug zu ersetzen, sind statistisch 1,1 bis 1,3 Lastenradler nötig. »Die Ergebnisse sind durchaus positiv«, sagt Jan Ninnemann von der Hamburg School of Business Administration. UPS hat ernsthaftes Interesse, das Projekt weiterzuführen und auszubauen.
Doch auch hier gibt es Probleme. Die Container auf Parkplätzen in Seitenstraßen werden nur für den Testzeitraum genehmigt. »Wir grasen gerade die üblichen Orte ab: Parkhäuser, U-Bahnhöfe und vergleichbares«, sagt Ninnemann. Und: Nur hochverdichtete Quartiere mit hohem Sendungsaufkommen kommen in Frage: »Der Radius für eine wirtschaftliche Zustellung liegt bei rund 800 bis 1000 Metern«, sagt der Wissenschaftler.
Für ein ähnliches Pilotprojekt in Berlin, bei dem mehrere große Logistiker die Mikrodepots gemeinsam nutzen sollen, hatte bereits RotSchwarz eine Förderung beim Bundesumweltministerium beantragt. Wann die Mittel kommen, ist noch nicht klar. Immerhin begrüßt die Berliner Industrie- und Handelskammer solche Ansätze. »Die Paketlogistik steht allerdings nur für 20 Prozent des Lieferverkehrs«, sagt Ninnemann. Allerdings wolle die Branche vermeiden, dass der Gesetzgeber mit der großen Keule kommt – und versucht selbst, umwelt- und stadtverträglicher zu werden.