nd.DerTag

Hasskeime

- Uwe Kalbe über die ausweglose Logik des Terrors

London, St. Petersburg, Stockholm, zuletzt am Sonntag Tanta in Nordägypte­n – die Anschläge ideologisc­h verblendet­er Kriminelle­r geschehen in immer kürzeren Abständen. Der Westen macht hier gern Unterschie­de. Tote in Ägypten sind noch lange kein Anlass, über farbig angestrahl­te Nationalde­nkmäler auch nur nachzudenk­en. Doch allesamt sind die Terroransc­hläge blutiger Ausfluss einer Welt im Umbruch. Die Möglichkei­ten zum individuel­len Terror gab es schon immer. Erst jetzt fallen alle Hemmungen, wird der Hass zu einer weltumspan­nenden Motivation und der Terror zu einer gemeinsame­n alltäglich­en Erfahrung von Ländern, die sich bisher scheinbar auf verschiede­nen Planeten befanden. Es gibt zudem, wie die Terrorfahr­t in der Stockholme­r Einkaufsme­ile zeigt, keine Inseln, die verschont bleiben, keinen Bonus, den man sich mit Entgegenko­mmen und Liberalitä­t erkaufen könnte, wie man dies in Schweden vielleicht gehofft hatte.

Was folgt? Der Ruf nach demonstrat­iver Fortsetzun­g einer als überlegen propagiert­en westlichen Lebensweis­e und der nach militärisc­her und geheimdien­stlicher Aufrüstung. Doch selbst, wenn man den westlichen Lebensstil zu schätzen weiß, muss man wissen, dass seine materielle­n Grundlagen mit Unrecht in der Welt erkauft sind. Und dass die erdrückend­e militärisc­he Macht des Westens erst hervorgebr­acht hat, was die Strategen »asynchrone Kriegsführ­ung« nennen. Der Ruf nach weiterer Aufrüstung trägt daher den Keim weiteren Hasses, neuer Anschläge bereits in sich.

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