Gauland ist dann mal weg
AfD-Landesparteitag verabschiedet bisherigen Parteichef in den Bundestagswahlkampf und wählt neue Führung
Brandenburgs AfD wird nicht mehr von Alexander Gauland geführt. Da der 76-Jährige im Herbst in den Bundestag will, wählte der Parteitag seinen bisherigen Vize Andreas Kalbitz zum neuen Landeschef.
Übersichtlich ist die Szenerie am Samstagvormittag an der Brandenburghalle in Frankfurt (Oder), in der die Brandenburger AfD ihren Landesparteitag abhielt. Rund 80 Demonstranten haben sich mit Schildern, Transparenten und Slogans wie »Ihr seid so ekelhaAfD« und »blau ist das neue braun« vor dem Tagungsort der Rechten eingefunden, um »ein deutliches Zeichen gegen Rechtspopulismus« zu setzen, wie es im Aufruf hieß. Eingeladen hatte das zivilgesellschaftliche Bündnis »Kein Ort für Nazis Frankfurt (Oder)«.
Dennoch zeigt sich Bündnissprecher Janek Lassau zufrieden mit der Kundgebung: »Sie war ein guter Querschnitt unseres Bündnisses. Vor Ort waren Vertreter von Parteien, Kirche und Gewerkschaften. Und sie war auch inhaltlich gut, wir haben uns klar positioniert gegen die AfD und ihre Vorstellungen einer Gesellschaft der sozialen Kälte«, sagte Lassau dem »nd«. Die Teilnehmerzahlen waren im erwarteten Rahmen: »Wir brauchen einen langen Atem. Angesichts der Tatsache, dass wir eine Wählerhochburg der AfD sind und wir noch weitere Aktionen bis zur Bundestagswahl erwarten, stellt die Kundgebung für uns aber auch erst den Auftakt für weitere Proteste dar«, so Lassau. Zu Zwischenfällen mit den rund 200 angereisten Delegierten und Sympathisanten der AfD kam es nicht. Lediglich vereinzelt entwickelten sich Wortgefechte.
Die AfD-Mitglieder hatten ohnehin andere Sorgen, da der Parteitag vom Machtkampf zwischen der Bundesvorsitzenden Frauke Petry und ihren parteiinternen Widersachern um die zukünftige Ausrichtung der Partei überschattet wurde. Petrys Gegner, zu denen auch Brandenburgs bisheriger Landesvorsitzender und Parteivize Alexander Gauland zählt, wollten an diesem Wochenende offensichtlich Geschlossenheit demonstrieren. So war neben den Vorsitzenden aus Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sogar Thüringens Landeschef Björn Höcke angereist, gegen den Petry ein Parteiausschlussverfahren einleiten ließ. »Diese Besuchergruppe dokumentiert auch die Einheit der Partei«, klärte denn auch Gauland. Alle kritisierten in ihren Redebeiträgen Petrys Antrag für eine »realpolitische Strategie«, ohne ihren Namen zu erwähnen. Gauland hielt es für »nicht zielführend«, dass plötzlich »zwischen Fundamentalopposition und Realpolitik unterschieden wird«.
Höcke erteilte Petrys Plänen, die AfD koalitionsfähig zu machen, eine Absage. »Mit einer politischen Zwergenrolle geben wir uns nicht zufrie- den. Wir wollen ein politischer Riese werden«, erklärte er.
Die Vorstandwahlen der Brandenburger AfD verliefen hingegen ohne Überraschungen. Neuer Landesvorsitzender wurde mit deutlicher Mehrheit Andreas Kalbitz. Der 44-Jährige galt als Vizechef in der Partei und der Landtagsfraktion schon lange als Kronprinz von Gauland. Der ehemalige Bundeswehr-Fallschirmjäger gilt als rechtsnational und ist ein Unterstützer des Höcke-Flügels. Kalbitz war vorher bei den Republikanern und zeitweise Vorsitzender eines rechtsextremen Kulturvereins, der von ei- nem ehemaligen SS-Hauptsturmführer und NPD-Mitglied zur »Sicherung eines wahren deutschen Geschichtsbildes« gegründet worden war.
Kalbitz erhielt mit 156 Stimmen der 214 anwesenden Delegierten 64,7 Prozent Zustimmung. Sein moderater Gegenkandidat Sven Schröder bekam 43 Stimmen. Es gab zwei Enthaltungen, 13 Stimmen waren ungültig. Zur ersten Stellvertreterin wurde die AfD-Landtagsabgeordnete Birgit Bessin gewählt, zweiter Vize wurde Daniel von Lützow vom Kreisvorstand Teltow-Fläming.
Gauland, seit 2014 Landesvorsitzender, war zugunsten seiner Bundestagskandidatur nicht mehr angetreten. »Ich verabschiede mich – nur in der Funktion als Landesvorsitzender von Brandenburg«, sagte er. Er bleibt zunächst Vorsitzender der AfDFraktion im Landtag.
In seiner Bewerbungsrede wies Kalbitz eine Einordnung als Rechtsaußen der AfD zurück. Er rief die Partei zu Geschlossenheit auf. »Dann wird sich die AfD als neue soziale Heimatpartei und als neue Volkspartei behaupten.« Kalbitz versicherte, dass es mit seiner Wahl »keinen politischen Rechtsruck in der AfD Brandenburg geben« werde. Doch der Landesverband gilt ohnehin seit längerem als stramm rechts, was die Delegierten ja gerade mit der Wahl von Kalbitz zu ihrem Landesvorsitzenden unterstrichen hatten. Auch der große Beifall, den Bayerns AfD-Chef Petr Bystron für seine Forderung erhielt, die Partei müsse der »Schutzschild« für die flüchtlingsfeindliche Pegida und die völkische »Identitäre Bewegung« sein, ließ keinerlei Gesinnungswandel erkennen. »Das sind prima Jungs«, lobte Bystron die vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremen.